Sport an den heissesten Tagen des Jahres

Hitzeresistenz kann man trainieren

von Redaktion

Von Günter Klein

München – Jörg Kachelmann, der Wetter-Papst, explodiert verlässlich, wenn Nicht-Wetter-Päpste sich übers Wetter auslassen. Wehe, da verwechselt jemand Hitze und Dürre oder glaubt, mittags um zwölf sei es am heißesten. Da fährt einem dann aber der große Kachelmann in gar nicht so nettem Tonfall, wie er ihn früher im Fernsehen hatte, in die Parade. Er wütet auf Twitter. Mittagshitze? Reiner Mythos! Am Nachmittag steigt die Temperatur, am heißesten ist es um 18 Uhr.

Das ist eine für den Sport wichtige Nachricht. Zur Zeit ist – nehmen wir den Fußball – Saisonvorbereitung, die Bundesligisten trainieren, weil es um die Grundlagen geht, zweimal am Tag. Dass die erste Einheit auf den Vormittag fällt, ist klar. Die zweite sollte aber dann bloß nicht in den frühen Abendstunden stattfinden – denn da dampft und drückt es so richtig. Erst wenn die Sonne untergegangen ist (kurz vor 21 Uhr), sinkt die Temperatur derzeit wieder unter die 30 Grad.

Ist das alles noch gesund, bringt Training (oder gar Wettkampf) unter diesen Umständen etwas, oder soll man nicht alles verschieben, bis es wieder etwas kühler geworden ist? Ein gefragter Experte zu diesem Thema ist Professor Hans-Georg Predel vom Institut für Kreislaufforschung an der Sporthochschule Köln. Er sagt: „Im Extremfall kann Hitze lebensgefährlich sein.“ Er gibt aber auch Teil-Entwarnung: Hitzeanfällig ist nicht jeder Mensch, und es gibt Wege, den Einfluss der äußeren Umstände zu relativieren.

Grundsätzlich sieht Predel „junge Profisportler bis 35“ gut gewappnet: „Sie haben ein hoch belastbares Herz-Kreislauf und Atemwegssystem und sind gut betreut.“ Viele seien auch auf Hitzeresistenz trainiert: „Akklimatisation ist ein wesentliches Trainings- und Vorbereitungsziel. Der Körper lernt, Schweißmengen wesentlich zu erhöhen und die Verdunstungsmenge zu optimieren. Gleichzeitig wird der Schweiß elektrolytärmer, der Verlust an Kalium und Magnesium minimiert.“ Gut darin seien Radfahrer, die – wie soeben in drei Wochen Tour de France geschehen – den Sommer in seiner heißen Ausprägung nahezu täglich erlebten. Aber: „Die Gefährdung ist bei Outdoorsportarten unter direkter Sonneneinstrahlung höher.“ Dem Sportler bleibe nichts anderes übrig, als sich durch Kleidung zu schützen – schon um der Belastung der Haut entgegen zu wirken.

Was hilft: Schatten. Im Fußball ist es hilfreich, wenn ein Stadion „gut beschattet“ ist, wie Professor Predel erklärt. Man kennt die Bilder aus den Arenen: Wenn ein Teil des Spielfeldes in der Sonne, das andere im Schatten liegt und der Zuschauer den Eindruck gewinnt, das Spiel würde von den Akteuren in den angenehmeren Streifen verlegt.

Fußballer erwischt selten eine Hitzewelle wie jetzt: Von Mitte August bis Mai, der regulären europäischen Saisonzeit, sind die Temperaturen moderat, eher ergeben sich Herausforderungen bei Turnieren (EM, WM) im Juni/Juli. Legendär die Messungen bei den Nachmittagsspielen der WM 1990, wo die Deutschen fünf Mal im Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion antraten, wo auf Rasenhöhe in der prallen Sonne über 50 Grad Celsius registriert wurden. Die FIFA gestattete aufgrund dieser heftigen Bedingungen je eine Trinkpause pro Halbzeit; auch 2014 in Brasilien wurden die Spiele dafür unterbrochen (mit Manaus am Amazonas und dem Küstenort Fortaleza gab es zwei Hitzeherde, obwohl in Südamerika Winter war), 2018 in Russland entschied die FIFA von Fall zu Fall.

Rücksichtsvoll sollten sich die Veranstalter von Wettkämpfen zeigen, zu denen nicht nur Professionals antreten, sondern die einen breitensportlichen Charakter aufweisen. Die großen City-Marathons verteilen sich auf Frühjahr (Mitte April bis Ende Mai) und Herbst (Mitte September bis Ende Oktober), dazwischen sind Bergläufe, bei denen es aufgrund der Höhenlage klimatisch angenehmer ist und aufgrund der längeren Laufzeiten im Morgengrauen gestartet wird.

Die Triathlon-Saison kann die Hochzeit des Sommers nicht umgehen. Problematik dabei: Auf der Langdistanz sind die Athleten auf dem Rad (180 km) und beim Laufen (Marathon) der Sonne ausgeliefert. „Man müsste dann eine Strecke entlang einer Allee auswählen“, rät Kreislaufforscher Predel. Vor zwei Jahren starb Anfang Juli ein Altersklassentriathlet beim Ironman in Frankfurt, der Europameisterschaft, an den Folgen der Hitze. Laut Hans-Georg Predel sollte man „ab 28, 29 Grad bei Schwüle aufpassen“. Bei trockener Hitze kann man noch ein paar Grad höher gehen, allerdings „bei moderater Bewegung“.

Geeignetster Sport in diesen Tagen: Schwimmen. Weil es erfrischend ist und den Körper kühlt. Schwimmen ist auch die erste Disziplin beim Triathlon – wo es eine klare Regel gibt, ab welchen Temperaturen der wärmende und Auftrieb gewährende Neoprenanzug nicht mehr zugelassen wird. Hat das Wasser über 23 Grad – bitte Badehose/Badeanzug.

Pech hatten alle Triathleten, die am Sonntag zum Ironman in Hamburg angetreten waren. Das Schwimmen entfiel – wegen zu hoher Blaualgenbelastung der Alster.

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