München – Schöne neue Bayern-Welt: Bei der Präsentation der umgestalteten Allianz Arena hat sich der Deutsche Meister gestern Abend keine Blöße gegeben. Manchester United war ein prominenter Gast, und die Briten waren höflich. Die Münchner feierten einen 1:0-Sieg, ohne auf große Gegenwehr gestoßen zu sein. Am kommenden Sonntag werden sie die Schlagzahl erhöhen müssen. Dann steht um 20.30 Uhr der Super-Cup gegen den Pokal-Sieger Eintracht Frankfurt an. Das Tor des Tages erzielte Javi Martinez nach einer Ecke. Die Neuzugänge Serge Gnabry und Leon Goretzka machten Hoffnung auf mehr.
An und für sich war es eine nette Idee. Weil die neu gestalteten Tribünen der Allianz Arena als solche nicht zu identifizieren waren, weil die Fans auf den ausgetauschten Sitzen hockten, hatte der FC Bayern die Umgestaltung auf verschieden farbige Mini-Plakate gedruckt. Eine mobile Kopie der Ränge, die vor dem Anpfiff in die Luft gehalten wurde. Nun wussten alle, wie es künftig in dem in komplettem FC Bayern-Design gehaltenem Stadion aussieht. Der Heimatabend konnte beginnen. Da es aber alles ziemlich lau war lange Zeit, wurden die Plakate zunehmend zweckentfremdet. Immer wieder segelten überdimensionale Papierflieger auf den Rasen. Begleitet von Applaus. Was die Kicker unten produzierten, verdiente hingegen kaum Beifall.
Niko Kovac hatte sich bei seinem ersten Auftritt als Trainer des FC Bayern in der Allianz Arena nur unwesentlich von der Ausrichtung unter Jupp Heynckes entfernt. Testspiele in dieser Phase der Saisonvorbereitung dürfen nie hoch bewertet werden, aber wenn man sich Manchester United zur Präsentation der neuen Heimat einlädt, möchte man auch etwas zeigen. Kovac verzichtete auf nennenswerte Neuerungen, nur eine Maßnahme hatte etwas Innovatives. Serge Gnabry, eigentlich ein Mann für die Außenbahnen, begann als zentraler Stürmer. Robert Lewandowski saß auf der Bank. Ebenso Jerome Boateng, der vor dem Abschied steht. In der Defensive setzte Kovac gestern auf Mats Hummels und Niklas Süle, vor ihnen verbarrikadierte Javi Martinez das zentrale Mittelfeld. Gnabry war agil, hatte ein paar ansprechende Szenen, entwickelte aber im Abschluss keine Durchschlagskraft. Generell gewannen die Stafetten nur dann Fahrt, wenn Arjen Robben seine Füße im Spiel hatte. Ansonsten herrschte viel Leerlauf, wobei die Platzherren ihre Gäste weitgehend in deren Hälfte banden.
In Minute 28 schwoll der Applaus von den Rängen erstmals zu anständiger Lautstärke – weil ein Papierflieger beinahe ins Tor der Briten gesegelt wäre. Als es in die Pause ging, schüttelte Franck Ribery den Kopf. Er hatte kurz zuvor freistehend vor dem Tor über den Ball getreten und die größte Chance zur Führung verdaddelt.
Zur zweiten Hälfte kamen Boateng für Hummels, Lewandowski für Müller und Leon Goretzka für Ribery, wenig später kam noch der fast schon in Vergessenheit geratene Juan Bernat für David Alaba. Die Partie behielt ihre Taktung, im gestrigen Glutofen fiel jeder Schritt schwer. Das 1:0 fiel nach einem Standard, was Erinnerungen an die WM weckte, denn auch in Russland hatten sich viele auf ruhende Bälle konzentriert. Ob diese Variante aber so einstudiert war? Thiago trat eine Ecke, Martinez verlängerte sie mit dem Hinterkopf ins lange Eck (59.). David de Gea, Spaniens Nummer 1, wurde von seinen beiden Landsleuten düpiert.
Kingsley Coman und Rafinha kamen für Gnabry und Thiago, auch José Mourinho begann, Manchester munter durchzuwechseln. Der Portguiese wirkte an diesem Abend in seinem rosanen Shirt und der Trainingshose wie ein netter Onkel, der abends noch mal kurz eine Runde über den Rummelplatz dreht, um seinen Neffen Zuckerwatte zu kaufen. ManU machte wenig Anstalten, sich in der Hitze auf die strapaziöse Reise in Richtung Bayern-Tor einzulassen.
Als Sebastian Rudy nach der letzten Trinkpause für die finalen 20 Minuten in die Partie kam, hatte Kovac sein komplettes Tafelsilber aufgeboten. Goretzka verpasste nach feiner Vorarbeit von Coman das 2:0, Robben wurde das zweite Tor zurecht wegen Abseits aberkannt, dann war der sommerliche Heimatabend vorbei. Es gab Applaus – auf Papierflieger-Niveau.