München – Wenn Trainer oder Spieler an ihren früheren Arbeitsplatz zurückkehren, sind sie oft zurückhaltend. Natürlich reden sie dann oft von einem besonderen Spiel, aber verzichten auf allzu große Freundlichkeiten, um den neuen Arbeitgeber nicht zu verärgern. Niko Kovac ist da etwas anders, der Trainer des FC Bayern hat vor dem Treffen mit Eintracht Frankfurt im Supercup am Sonntag kein Geheimnis daraus gemacht, wie schön er es beim Pokalsieger fand, und wie sehr er sich noch verbunden fühlt, mit Frankfurt, mit der Eintracht. „Ich komme wieder zurück, wo ich vor kurzem noch war – in eine tolle Stadt, zu einem tollen Club“, sagte er.
Kovac muss aber nicht befürchten, dass ihm seine neuen Chefs beim FC Bayern diese Schwärmerei übel nehmen. Der 46-Jährige verliert in der täglichen Arbeit, das haben die ersten Wochen gezeigt, keine Gedanken mehr an seinen ehemaligen Club. Und auch im Kräftemessen mit den Hessen weiß er genau, auf welcher Seite er steht. „Es gibt den ersten Titel zu verteilen, und den möchten wir holen“. Dann wäre er nicht nur Pokalsieger-Trainer, sondern auch noch Pokalsiegerbesieger-Trainer.
Der erste Monat von Kovac in München stand ganz im Zeichen des Schwitzens, nicht nur wegen des Wetters. Er hat ausgiebig und intensiv trainieren lassen und oft selbst mittrainiert. In Frankfurt hatte er sich einst den Ruf des harten Hundes erworben und dieses Image bestätigt er in München nun. „Es wird das Jahr der harten Arbeit“, sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. „Die Spieler werden auf einem hohen körperlichen Niveau sein und dafür auch manchmal leiden müssen.“
Es klingt beinahe so, als ob die Bayern zuletzt im Training vor allem Jojo gespielt hätten. Dabei haben sie natürlich auch bei Jupp Heynckes hart gearbeitet, bei Carlo Ancelotti zuvor allerdings ein bisschen weniger hart, und womöglich waren die Versäumnisse im vergangenen Sommer ein Grund, weshalb die Mannschaft am Ende der Saison nicht nur mental, sondern auch körperlich ausgelaugt wirkte.
Nun sind alle fit, auch die Nationalspieler, die erst verspätet zur Mannschaft gestoßen waren, aber im am Donnerstag zu Ende gegangenen Trainingslager am Tegernsee Kovac überrascht haben, „wie gut sie schon im Saft standen.“ Mit Ausnahme von James, der beim Trainingsspiel gegen den FC Rottach-Egern am Mittwoch einen Schlag aufs Sprunggelenk bekam, sind auch alle einsatzbereit für die Partie gegen Frankfurt. „Stand jetzt“, wie Kovac mit einem Schmunzeln erkläre, stehe auch Jerome Boateng im Kader. Der wechselwillige Innenverteidiger wartet noch auf eine Einigung zwischen Paris St. Germain und den Bayern.
Den neuen Bayern-Trainer allein auf den Fitness-Faktor zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht werden. Er hat angekündigt, den von Ballbesitz geprägten Fußball etwas modifizieren zu wollen. Die Bayern müssen sich künftig nicht mehr bis in den Strafraum kombinieren. „Ein langer Ball zur richtigen Zeit hat schon auch sein Gutes“, findet Thomas Müller.
Mit seiner geradlinigen und korrekten Art hat es Kovac schnell geschafft, die Spieler zu überzeugen. Er geht voran, auch im Training. Um Autorität auszustrahlen, sei das zwar nicht unbedingt nötig, sagt Müller, aber es sei schön, wenn er nicht nur von den Spielern verlangt, sich zu quälen, sondern es selbst macht.
Er hat auf der einen Seite den Nachwuchs im Auge, auf der anderen Seite versteht er es, Club-Legenden wie Franck Ribery und Arjen Robben für sich zu gewinnen. Zunächst einmal jedenfalls. Die größere Herausforderung wird sein, die beiden davon zu überzeugen, sich im Sinne der Mannschaft manchmal auf die Bank zu setzen. Aber Kovac ist zuversichtlich, „dass wir als Team die Saison gut gestalten werden“. Der Gewinn des Supercup-Titels wäre ein glänzender Anfang.