European Championships

Auch Nguyen turnt an den Medaillen vorbei

von Redaktion

Zwei Stürze und viele Wackler bei der Ausführung: Bundestrainer Hirsch ärgert sich – Zwei sechste Plätze für den Star

Von Frank Thomas

Glasgow – Marcel Nguyen zuckte ein wenig mit den Schultern. Der Turner verpasste am Sonntag bei den Europameisterschaften am Boden bei seinem Jubiläum seine insgesamt achte EM-Medaille. An den Ringen turnte er als Sechster – fast wie erwartet – am Podest vorbei. Es war das 20. EM-Finale seiner Karriere, in der der Olympia-Zweite zuvor drei Titel und insgesamt sieben Medaillen erkämpft hat.

An den Ringen reichte seine recht saubere Übung mit 14,066 Punkten aufgrund des im Vergleich zur Konkurrenz zu geringen Schwierigkeitsgrades nicht für die ersehnte Plakette. Den Sieg holte sich zum vierten Mal in Serie mit 15,466 Zählern Olympiasieger Eleftherios Petrounias aus Griechenland.

Ein wenig mehr hatte sich der 30 Jahre alte Routinier der deutschen Riege am Boden vorgenommen. Eine neue Übung, zwei Zehntelpunkte schwieriger als im Vorkampf – er ging volles Risiko und landete mit 14,066 Punkten auf dem sechsten Platz. „Ich wusste, ich kann in diesem Feld nur etwas erreichen, wenn alles perfekt klappt. Das war auf den ersten Bahnen nicht der Fall. Da müssen die Stände exakter sein.“

Lob gab es von Coach Valeri Belenki. „Ich bin zufrieden. Es war nicht so einfach heute, der Boden schlägt zurück“, sagte der Stuttgarter unter Verweis auf die starke Federung. „Er hat eine siebte Akro-Bahn eingebaut und die hier erstmals gezeigt.“ Bis zur WM Ende Oktober in Doha will Nguyen die neue Übung nun stabilisieren. Der Sieg am Boden ging vor 6000 Zuschauern in der Hydro Arena an den Briten Dominick Cunnigham (14,666 Punkte).

Irgendwie hatte Nguyen seine Finalchancen realistisch eingeschätzt, als er nach dem Vorkampf erklärte: „Ich würde die Finals liebend gern gegen das eine am Barren tauschen.“ Dort hatte sich der Sohn eines Vietnamesen und einer Deutschen die besten Medaillenchancen ausgerechnet. Doch misslang ihm im Vorkampf der Abgang, so dass er das Finale verfehlte.

Dafür sprang aber Nils Dunkel in die Bresche, der in seinem ersten Einzelfinale nahezu fehlerfrei durchturnte. „Ich bin froh, dass ich die Fehler der anderen nicht gesehen habe, weil ich in der Einturnhalle war“, meinte er und fügte schmunzelnd hinzu: „Sonst wäre ich vielleicht nervös geworden.“

Tags zuvor war bei Nguyen nach dem Teamfinale der Frust stärker zu spüren gewesen. „Ein vierter Rang ist immer undankbar“, meinte der Unterhachinger, weil zwei Stürze seiner Teamkollegen Nick Klessing am Sprung und Andreas Bretschneider am Reck den Podeststurm verhindert hatten. „Aber wir haben gezeigt, dass wir durchaus um die Medaillen mitkämpfen können“, sagte Nguyen. Er war schon mit 22 Jahren dabei, als den Deutschen noch mit Fabian Hambüchen 2010 in Birmingham der bislang einzige Team-Titel der EM-Geschichte gelang.

Das Team-Abschneiden ärgerte auch Cheftrainer Andreas Hirsch sichtlich. „Wenn wir zwei grobe Fehler machen, können wir keine Ansprüche auf eine Medaille geltend machen“, analysierte der Berliner nach dem dritten Team-Titel der Russen in Serie. Er will mit Blick auf die nächsten Wettkämpfe und die WM Ende Oktober in Doha ein stärkeres Augenmerk auf die perfektere Ausführung der Übung legen.

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