Pragmatisch schön

von Redaktion

Beim 5:0 im Supercup zeigen die Bayern, dass es Fußball-Deutschland gegen sie auch unter Kovac schwer haben wird

VON ELISABETH SCHLAMMERL

Frankfurt – Niko Kovac hatte auch die neuen Laufwege an seiner alten Wirkungsstätte sofort drauf. Der Coach des FC Bayern musste schmunzeln, als er gefragt wurde, ob er der Macht der Gewohnheit geschuldet nicht beinahe die Trainerbank von Eintracht Frankfurt angesteuert hätte. Nein, sagte der Kroate, es sei leicht gewesen, weil ja schon der Teambus aus der anderen Richtung gekommen wäre. Es sollte an diesem Abend so gar keine Orientierungsprobleme auf Seiten der Münchner geben. Der Meister sicherte sich den Supercup gegen den Pokalsieger Frankfurt mit einem berauschenden 5:0-Erfolg. Robert Lewandowski trug mit drei Treffern maßgeblichen Anteil am ersten Münchner Titel-Gewinn dieser Saison.

„Dieser Titel bedeutet nach den Enttäuschungen ab Mitte April für uns Nationalspieler und den Verein viel“, sagte Mats Hummels, „wir wollten das erste Pflichtspiel gewinnen und können sehr zufrieden sein.“ Man habe das Spiel „souverän nach Hause gebracht“, sagte der Münchner Neuzugang Leon Goretzka, der nach einer guten Stunde eine Chance erhielt. Auch unter Kovac wird es Fußball-Deutschland gegen diese Bayern weiterhin schwer haben.

Die Frühphase von Kovac’ Amtszeit in München kennzeichnet ein hohes Maß an Pragmatismus. Der neue Trainer baute gestern Abend beispielsweise auf Altbewährtes, durch die Bank. Die Startelf hätte mit Ausnahme von Niklas Süle und Mats Hummels schon unter Pep Guardiola so heißen können, und Kovac’ Stil ist ein Mix aus einem deutlich flotteren Carlo Ancelotti und einem sicherheitsorientierten Jupp Heynckes.

Die Frankfurter hatten es schwer, den Bayern wehzutun – in Ante Rebic hockte der Mann, der sie im Pokal-Finale zum Saisonausklang am meisten düpiert hatte, auf der Bank. Lewandowski hingegen avancierte auf der Gegenseite schnell zum Helden des Abends; die ersten drei Treffer gingen auf sein Konto. Der Pole ist aber auch schon lange im Training, für ihn war bei der WM ja schon in der Vorrunde Schluss. Die ersten beiden Tore nickte er aus kurzer Distanz ein; einmal hatte Joshua Kimmich aus dem Halbfeld genau geflankt, das andere Mal verwertete er eine nicht weniger präzise Ecke von Thiago. Kovac lässt Standards studieren, bereits beim 1:0 gegen Manchester United vor einer Woche hatte Javi Martinez den 1:0-Sieg nach einer Ecke besorgt. Das 3:0 des Polen fiel wie Kingsley Comans viertes Tor dann aus dem Spielgeschehen Mitte der zweiten Halbzeit, als die Münchner längst begonnen hatten, den Pragmatismus mal der Schönheit zu opfern.

Der Pokalsieger, der sich nach einigen umfangreichen Umbaumaßnahmen erst noch finden muss, konnte der Konkurrenz keine Blaupause wie im Finale in Berlin im Frühjahr liefern. Die Hessen fanden keine Gegenmittel, sie mussten stattdessen zusehen, wie Thomas Müller, Arjen Robben und Coman Chancen vergaben, das Ergebnis früh noch deutlicher zu gestalten. Schönheitsfleck: Hummels hätte Ende der ersten Halbzeit wegen einer Notbremse Rot sehen können („da kann mich der Schiedsrichter vom Platz stellen“, gab er selbst zu), die Unparteiischen ließen da aber Gnade walten.

Die Schlussphase wurde hitziger, weil sich die Frankfurter zunehmend mit Ruppigkeit zu helfen versuchten. Es half ihnen nichts, doch die Bayern traf die verschärfte Gangart nachhaltig. David Alaba humpelte, von Ärzten gestützt, in die Kabine – er erschien auch nicht mehr zur Siegerehrung. Kovac konnte nicht mehr reagieren, er hatte schon drei Mal gewechselt, sein Team musste die letzte Viertelstunde in Unterzahl zu Ende bringen. Sogar mit einem Mann weniger brachten sie das 5:0 zustande. Coman setzte sich durch und Thiago hatte keine Mühe, einzuschieben. Die Laufwege der Münchner passten einfach – vom Anfang bis zum Ende.

Artikel 2 von 11