Weltmeister mit hohen Ansprüchen

von Redaktion

Corentin Tolisso sieht sich in seiner zweiten Saison beim FC Bayern in einer neuen Rolle – „am besten auf der Acht“

Von Elisabeth Schlammerl

München – Der Konditor hat sich viel Mühe gegeben. Er fertigte für den Weltmeister ein richtiges Kunstwerk als Willkommensgeschenk an. Die Torte für Corentin Tolisso zierten die Miniaturausgaben eines jubelnden Spielers in blauem Trikot und eines WM-Pokals, dazu eine Marzipanschleife in den französischen Nationalfarben. So viel Aufmerksamkeit wurde dem Weltmeister in seinem ersten Jahr beim FC Bayern nur selten zuteil wie bei seiner Rückkehr aus dem WM-Urlaub. Obwohl er mit knapp 42 Millionen Euro der Rekordtransfer des deutschen Rekordmeisters ist, gehörte er nicht zu den Stammkräften der Münchner.

Als er im vergangenen Sommer von Olympique Lyon nach Deutschland kam, habe ihn „keiner gekannt“, gibt er zu. „Ich war ein junger Spieler.“ In der Bundesliga kam Tolisso in 25 Spielen zum Einsatz, aber nur zwölfmal von Anfang an. Nun hat sich einiges verändert für ihn. Er sei nicht nur Deutscher Meister, sondern eben jetzt auch Weltmeister. Frankreich „ist die beste Mannschaft der Welt und ich bin Teil dieser Mannschaft“. In Russland hat Tolisso fünf Spiele absolviert, beim 4:2-Sieg im Finale gegen Kroatien war er 17 Minuten vor dem Ende eingewechselt worden.

Tolisso sieht sich nun in einer neuen Rolle beim FC Bayern. Noch nicht von Anfang an, denn er ist erst vor ein paar Tagen in die Vorbereitung eingestiegen und hat somit noch Trainingsrückstand. Er habe sich zwar fit gehalten „und auch beim Essen aufgepasst. Ich spiele immerhin bei den Bayern“, sagt er. „Der Coach weiß, dass ich nicht faul war.“ Aber im Pokal-Erstrundenspiel der Münchner am Samstag beim SV Drochtersen/Assel wird er noch keine Rolle spielen, und auch der Bundesliga-Auftakt sechs Tage später gegen 1899 Hoffenheim kommt für den 24-Jährigen wohl noch zu früh.

Seine Ansprüche sind gestiegen. Er will sich in seinem zweiten Jahr nicht mehr mit der Rolle des Einwechselspielers zufrieden geben. Aber die Konkurrenz beim FC Bayern ist nicht kleiner geworden. Zwar ist Arturo Vidal nicht mehr da und vermutlich verlässt auch Sebastian Rudy den Verein, aber mit Neuzugang Leon Goretzka, Thiago, James, Javi Martinez sowie Rückkehrer Renato Sanches ist das Gedränge noch immer zu groß im zentralen Mittelfeld. Trainer Niko Kovac hat sechs Spieler für nur drei Positionen zur Verfügung. Da seien „schon eine Vielzahl von Hochkarätern“, sagt Kovac. „Die Wahrscheinlichkeit, dass alle gleich zum Einsatz kommen, ist in der Form nicht gegeben.“

Doch Tolisso findet, er müsse sich nicht mehr hinten anstellen – und lässt dem neuen Bayern-Trainer schon mal wissen, wo er am liebsten spielt. „Ich denke, dass ich auf der Acht am besten bin. Da kann ich angreifen und verteidigen.“

Er weiß aber, dass es selbst als frischgebackener Weltmeister nicht so gut bei einem neuen Coach ankommt, wenn man gleich Forderungen stellt. Selbstverständlich, sagt er, spiele er da, „wo der Trainer mich hinstellt“.

Letztendlich ist sein Ziel, Teil einer erfolgreichen Bayern-Mannschaft zu sein – und seine Titelsammlung zu erweitern. „Mein größter Traum war es, Weltmeister zu werden. Der zweitgrößte ist, die Champions League zu gewinnen“, sagt er. Die Bayern hätten nichts dagegen, würde sich Tolissos Wunsch bereits in dieser Saison erfüllen.

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