Dortmund – Die direkte Qualifikation für die Champions League allein reicht in Dortmund nicht mehr aus, um den Ansprüchen zu genügen. Der BVB-Fan, über viele Jahr hinweg durch die erfolgreiche Arbeit des Fußball-Lehrers Jürgen Klopp verwöhnt, erwartet Spektakelfußball. Deswegen war es nur allzu logisch und konsequent, dass Peter Stöger am Ende der vergangenen Saison seinen Stuhl räumen musste. Im Bemühen, nach drei Fehlversuchen nun endlich den richtigen Klopp-Nachfolger auf der Trainerbank zu finden, haben sich die Verantwortlichen des westfälischen Bundesligisten für Lucien Favre entschieden. Der soll die Spielkultur zurück auf ein Niveau heben, das die Besuche im Stadion wieder zu einem echten Erlebnis macht.
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc haben nach einem verkorksten Jahr mit dem Total-Versagen auf der Champions-League-Bühne alles in Frage gestellt und sich auch im administrativen Bereich Verstärkung geholt. Mit dem langjährigen Kapitän Sebastian Kehl als Leiter der Lizenzspielerabteilung und dem früheren Meistertrainer Matthias Sammer als externen Berater. Das Wir-Gefühl soll in Dortmund wieder gestärkt werden, Kehl soll vor allem für mehr Disziplin im Kader der Borussen sorgen, in dem in jüngster Vergangenheit so einiges aus dem Ruder gelaufen war. „Es ist wichtig, dass sich die Spieler mit diesem Klub identifizieren. Für diesen Verein zu spielen ist ein Privileg“, lautet Kehls Botschaft an die Profis.
Doch die Hauptarbeit liegt bei Favre. Er hat zumindest feste Vorstellungen, wie er eine Mannschaft zu Höchstleistungen bringen kann. Er erwartet neben großer körperlicher Fitness eine gewisse Spielintelligenz, ansprechende Technik, um den Ball in Höchstgeschwindigkeit zu kontrollieren und damit den Gegner zu überfordern.
Das klingt nach einem guten Plan. Diesen umzusetzen, erfordert aber auch das entsprechende Personal. 73 Millionen Euro hat der BVB bisher für sieben Neuzugänge ausgegeben. Innenverteidiger Abdou Diallo (Mainz 05) sowie die Mittelfeldspieler Thomas Delaney (Werder Bremen), Marius Wolf (Eintracht Frankfurt) und Axel Witsel (TJ Quanjian) haben in der Vorbereitung angedeutet, dass sie echte Verstärkungen werden können. Der Belgier Witsel besitzt das Potenzial, die Rolle des Führungsspielers einzunehmen, der den Dortmundern zuletzt auf dem Platz so fehlte. Die BVB-Mittelfelddefizite könnten also behoben werden. Die Innenverteidigung hinterließ zuletzt mit Diallo und Manuel Akanji einen stabilen Eindruck, doch zeigt sich die Borussia auf den Außenbahnen weiter sehr anfällig. Lukasz Piszczek und Marcel Schmelzer sind derzeit gesetzt, offenbaren aber trotz der Laufstärke Defensivschwächen. Der von Real Madrid ausgeliehene Achraf Hakimi gilt zwar als großes Talent, muss sich auf großer Bühne aber erst einmal beweisen.
Die größte Baustelle der Westfalen bleibt allerdings das Sturmzentrum. Ohne einen richtigen „Knipser“ in die Saison zu gehen, wäre eigentlich sehr fahrlässig. Nach der Absage von Mario Mandzukic (Juventus Turin) sucht Zorc bis heute vergeblich nach einer Ideallösung. „Die Stürmerposition ist aktuell sicherlich die komplizierteste auf dem Markt“, beteuert der Sportdirektor und wirkt dabei fast schon resigniert: „Internationale Top-Stürmer, da muss man ehrlich sein, sind für Borussia Dortmund zurzeit fast unmöglich zu realisieren.“ Nach spanischen Medienberichten wird es auf eine Leihe von Paco Alcacer (Barcelona) hinauslaufen. Sollte das bis zum Ende des Transferfensters am 31. August nicht realisiert werden, muss Favre intern nach Alternativen suchen, oder wie er selbst sagt: „Wir müssen aus dem vorhandenen Kader das Beste machen.“ .
Nichts anderes erwarten die Verantwortlichen von dem neuen Mann auf der Trainerbank, den Watzke als außergewöhnlichen Fachmann bezeichnet. Und angesichts der ersten Eindrücke, die er von dem neuen Coach sammelt, zeigt sich der Geschäftsführer zuversichtlich, dass der Schweizer die hohen Erwartungen auch erfüllen wird. An der Zielsetzung hat sich wenig geändert. Die direkte Qualifikation für die Champions League bleibt Pflicht. Zudem soll der Abstand auf die Münchner Bayern ein erträglicheres Maß annehmen; der BVB-Fußball wieder attraktiver werden.