Leverkusen

von Redaktion

Vor Bayern-Spiel: Bayer kriselt

Leverkusen – Nach dem klassischen Fehlstart von Bayer Leverkusen redete wenigstens einer Klartext. „Es fehlen die Gier und die Galligkeit, jeden Zweikampf zu gewinnen“, wetterte Ersatztorwart Ramazan Özcan nach dem 1:3 gegen den VfL Wolfsburg und nahm die Mitspieler in die Pflicht: „Es werden jetzt zur Länderspielpause drei Viertel der Mannschaft weg sein, ich hoffe aber, dass sie mit mehr Spannung zurückkommen.“

So klar und ungeschminkt hat kaum einmal ein Bayer-Profi in der Vergangenheit die Situation analysiert. Dass er mit seinem Eigentor (36.), als Wolfsburgs Yannick Gerhardt von der Grundlinie aufs gegnerische Tor schoss und der Bayer-Torhüter den Ball ins eigene Netz beförderte, die Niederlage eingeleitet hatte, wollte Özcan keineswegs beschönigen. „Jedem kann ein Fehler unterlaufen, auch mir, das werfe ich keinem vor. Aber alle müssen eine Schippe drauflegen“, meinte der 34-Jährige, der wohl letztmalig für die neu verpflichtete Nummer eins Lukas Hradecky (Pause nach Kiefer-OP) im Bayer-Tor gestanden hatte. Nach der Länderspielpause muss er wieder weichen. Und dann wartet auf den Werksklub kein Geringerer als der FC Bayern in der Allianz Arena. Özcan: „Wir beginnen in München wieder bei null, jeder muss wissen, was die Stunde geschlagen hat.“

Der Leverkusener Schlussmann stellte nach der zweiten Saisonpleite, eine Woche nach dem 0:2 bei Borussia Mönchengladbach, ohne Wenn und Aber die Charakterfrage. Wie schon so oft begann Bayer stark, ließ allerdings ebenso stark nach und brachte den Gegner wieder ins Spiel. Das Führungstor durch den Jamaikaner Leon Bailey (24.) beruhigte nicht. Vielmehr übernahm der Tabellen-16. und Relegationsteilnehmer der vergangenen Saison das Kommando. Die Wolfsburger Treffer zum Sieg durch den Niederländer Wout Weghorst (55.) und den Schweizer Renato Steffen (60.) fielen fast folgerichtig gegen katastrophal verteidigende Leverkusener.

„Zwei Niederlagen sind nicht unser Anspruch“, sinnierte Bayer-Coach Heiko Herrlich. Die Charakterfrage wollte der Ex-Nationalspieler explizit nicht der Mannschaft stellen und verwies auf die vergangene Saison, als das Team „nach einer schwierigen Saison“ schließlich noch den Europa-League-Startplatz unter Dach und Fach gebracht hatte. Özcan hatte allerdings recht, dass die Körpersprache bei den Bayer-Profis über weite Strecken des Spiels nicht stimmte. Wolfsburg, vielleicht auch beflügelt durch das schwer erkämpfte 2:1 gegen Schalke 04 zum Auftakt, wirkte wesentlich präsenter. Dagegen herrschte bei den Wölfen höchste Zufriedenheit. „Schade, dass die Länderspielpause kommt“, meinte Kapitän Maximilian Arnold, „im letzten Jahr hätten wir ein solches Spiel noch verloren. Aber wir müssen jetzt den Ball flach halten.“ Das sieht Manager Jörg Schmadtke ähnlich: „Ich freue mich am meisten darüber, dass die Mannschaft auch nach dem Rückstand sattelfest und stabil geblieben ist. Das ist die Erkenntnis des Spiels.“  sid

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