Chefin in der Warteschleife

von Redaktion

Die DFB-Frauen haben das WM-Ticket, doch die designierte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg muss mit der Schweiz in die Playoffs

München – Es sollte ein Abschiedsgeschenk sein, es wurde aber umfunktioniert in ein Dankeschön für die erfolgreiche WM-Qualifikation. Horst Hrubesch hat seine Mission erfüllt, doch gehen darf der Coach der Frauen-Nationalmannschaft trotzdem noch nicht. Die designierte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg muss mit der Schweiz in die Warteschleife. Mit einem 0:0 gegen Polen gaben die Eidgenössinen in letzter Sekunde den Gruppensieg aus der Hand; nun zittern sie in den Playoffs im Herbst um die Teilnahme an der WM ab 7. Juni in Frankreich. Hrubesch muss daher seinen Ruhestand vertagen. Er hockt im Oktober und November erneut auf der Bank, wenn zwei Testspiele anstehen.

Obwohl die Chefin in der Warteschleife festsitzt, hatten die DFB-Frauen nach ihrem 8:0-Sieg auf den Färöer allen Grund zum Abheben. Seitdem Hrubesch die glücklose Steffi Jones im März abgelöst/erlöst hat, gab es in fünf Partien fünf Siege zu feiern. „Ich muss meinen Mädels ein großes Kompliment machen, sie haben einen überragenden Charakter“, so der 67-Jährige. „Man hat schon in den vergangenen Spielen eine Entwicklung gesehen – die Spielerinnen wurden lockerer, der Spaß ist zurück.“ In erster Linie sei es um die direkte Qualifikation gegangen. „Aber ich habe daneben auch mehr gewollt: dass wir uns weiter verbessern, einfacher und klarer spielen. So wie gegen die Färöer in der zweiten Halbzeit.“

Es mischen sich auch traurige Töne unter, wenn es darum geht, dass es am Jahresende auseinandergeht. „Wir hatten einen holprigen Weg, aber zusammen mit Horst haben wir es geschafft“, meinte Alexandra Popp. Die anstehende Trennung sehe sie nun „zwiespältig. Wir haben gut und gerne mit Horst zusammengearbeitet – andererseits hätten wir nun Martina Voss-Tecklenburg auch gerne bereits in den nächsten Lehrgängen dabei.“ Hrubesch erklärte, er werde mit seiner Erbin alles absprechen – aber ohne sie zu sehr zu beanspruchen, sie hat ja noch ein Ziel vor Augen. Es war die Bedingung der Schweizer bei ihrer Freigabe für den DFB, dass sie die WM-Qualifikation zu Ende führt. Die Gegner in den Playoffs sind happig; unter anderem drohen der Europameister Niederlande oder Vize-Europameister Dänemark.

Die DFB-Frauen werden in der Vorbereitung auf die WM Änderungen vornehmen. Im Gegensatz zur Vergangenheit haben sie für das nächste Jahr den Algarve-Cup in Portugal und den SheBelieves-Cup in den USA abgesagt. „Wir wollen mehr Zeit haben, um mit der Mannschaft zu arbeiten“, meinte Hrubesch, und er klang dabei fast so, als wäre er dann noch an Bord. Es fällt schwer, loszulassen – aber die Übergabe eines echten Abschiedsgeschenks ist nur aufgeschoben. ANDREAS WERNER

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