Der Taxifahrer macht die Biege

von Redaktion

José Pekerman sagt nach sechs Jahren als Trainer von Kolumbiens Nationalelf adios – für James war er wie ein Vater

München – Über José Perkerman gibt es viele Geschichten, wie er sich als 28-Jähriger nach dem abrupten Ende seiner Karriere als Fußballer wegen einer Knieverletzung finanziell über Wasser hielt. Es gibt Leute, die sagen, sie hätten in den Straßen von Buenos Aires ein Eis bei ihm gekauft, andere wollen Reißverschlüsse und Schlüsselanhänger von ihm erstanden haben. Tatsächlich bestätigte er später aber nur, dass er sich als Taxifahrer durchgeschlagen hat, unter anderem während der WM 1978 in Argentinien. Wie kurios, dass er damals als Chauffeur arbeitete. Spätere Weltmeisterschaften erlebte er als Nationalcoach, zuletzt die im Sommer in Russland mit Kolumbien. Gestern sagte er adios. Nach sechs Jahren trennen sich die Wege. Der Taxler, der die Südamerikaner durch zwei WM-Turniere navigierte, macht die Biege.

James bedankte sich gestern via Instagram nicht nur mit einem, sondern gleich mit fünf Motiven bei seinem Förderer. „Du hast mich zu einem größeren Spieler gemacht, erst durch dich habe ich gemerkt, zu was ich in der Lage bin“, schrieb der Kolumbianer in Diensten des FC Bayern, „durch die Ratschläge bist du zu einem der wichtigsten Menschen in meiner Karriere geworden. Du wirst immer mein bester Trainer bleiben – für mich warst du wie ein Vater.“ James’ Stern ging unter Pekerman bei der WM 2014 auf, nach dem Turnier in Brasilien fasste er mit dem Wechsel zu Real Madrid in der großen Welt Fuß.

Pekerman, inzwischen 68, machte sich Mitte der 90er einen Namen, als er diverse Junioren-Teams seiner argentinischen Heimat zu Titeln führte. Unter anderem betreute er damals einen gewissen Lionel Messi, und als er 2004 die A-Nationalelf übertragen bekam, echauffierte sich zwar Diego Maradona über die Berufung eines weitgehend unbekannten Übungsleiters, nur machte das Pekerman nichts aus – Maradona nörgelt gerne, und der Coach hatte den Rückhalt der Nationalspieler, die er bereits lange kannte.

Sein Engagement in Argentinien endete nach der WM 2006 dennoch frühzeitig, weil ihm das Viertelfinal-Aus gegen Deutschland übelgenommen wurde. Bis heute ist rätselhaft, warum er Messi die komplette Spielzeit draußen ließ. Als er nach ein paar Jahren als Vereinstrainer in Mexiko Kolumbien übernahm, setzte er umgehend auf den jungen James – so etwas wie mit Lionel Messi 2006 sollte ihm nicht nochmal passieren.

„Es schmerzt uns sehr, diesen Mann zu verlieren“, sagte Verbandschef Ramon Jesurun, es sei „eine persönliche Entscheidung“ gewesen. Gegen Venezuela morgen und gegen Argentinien am Dienstag springt U-20-Coach Arturo Reyes ein, als Nachfolger ist unter anderem der Niederländer Guus Hiddink im Gespräch. Er tritt ein schweres Erbe an. Schon als Taxifahrer habe er sich ungern reinreden lassen, sagte Pekerman, auch von keinem Fahrgast. „Ich habe immer den Weg gewählt, von dem ich überzeugt war, dass er der beste ist.“ Kolumbien und James fuhren damit sehr gut.   ANDREAS WERNER

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