Misstöne vor dem Neuanfang

von Redaktion

Wahl des Präsidenten im Biathlon-Weltverband: Kandidatin Broka wirft ihrem Rivalen „schmutzige Methoden“ vor

Porec – Die Forderung von Erik Lesser ist eindeutig. Nur mit absoluter Transparenz und einem offensiven Anti-Dopingkampf sei die Zukunft des ins Zwielicht geratenen Biathlon-Sports zu retten. „Wenn im Biathlon Radsport-Verhältnisse einkehren, wo alle über einen Kamm geschert werden und ein genereller Dopingverdacht besteht – das wäre der Super-Gau“, sagte der zweimalige Weltmeister mit Blick auf den Kongress des Weltverbandes IBU in Porec/Kroatien.

Dort wird morgen ein neuer Präsident gewählt. Ein Nachfolger für den Norweger Anders Besseberg (72), der mitverantwortlich für Korruptions- und Dopingskandale sein soll. Den notwendigen radikalen Neuanfang wollen die Lettin Baiba Broka oder der Schwede Olle Dahlin einleiten. Sie sind die Kandidaten, die sich zur Präsidentenwahl stellen. Beide haben in ihren Wahlprogrammen Transparenz und einen harten Anti-Dopingkampf angekündigt. Doch schon vor der Wahl rumort es. Denn Dahlin soll gegen seine Mitbewerberin auf angeblich unfaire Weise Politik machen.

„Es ist bedauerlich, dass ein so erfahrener, respektabler und intelligenter Gentleman wie Dahlin meiner Meinung nach schmutzige Methoden gewählt hat“, sagte Broka. Dahlin soll in Interviews neben anderen Verdächtigungen gesagt haben, dass der russische Verband massiv Lobbyarbeit für die 42-Jährige leistet.

„Das Verbreiten von Gerüchten und Behauptungen, die nicht verifiziert oder bewiesen werden können, sind nicht der Stil, den ich für einen fairen Wahlkampf angemessen halte“, sagte Broka. Sie wisse nicht mal, wie der neue russische Verbandspräsident aussehe und habe auch noch nie mit ihm gesprochen.

Kurz vor dem IBU-Kongress, bei dem Präsident Franz Steinle vom Deutschen Skiverband neuer Vizepräsident werden will, wurden neben den Olympiasiegern Jewgeni Ustjugow und Svetlana Slepzowa noch zwei weitere Russen wegen des Verstoßes gegen die Anti-Doping-Regeln beschuldigt. Vorher sollen unter Besseberg neben Bestechungsgeldern für die WM-Vergabe ans russische Tjumen 2016 auch russische Dopingsünder gedeckt und 65 Doping-Proben vertuscht worden sein. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Österreichs ermittelt gegen zwölf Personen – gegen zwei, darunter Besseberg, wegen Korruptionsvorwürfen. Besseberg bestreitet alle Vorwürfe.

Dahlin tut das mit den Anschuldigungen Brokas: „Ich kommentiere keine Gerüchte. Man kann in meiner Karriere nachschauen und sieht, dass ich eine saubere Erfolgsbilanz habe und immer auf eine ethisch korrekte Art und Weise gearbeitet habe.“ Der 63-Jährige ist seit vier Jahren IBU-Vizepräsident, arbeitete mit Besseberg im Führungsgremium zusammen. Dass er nichts von den kolportierten Vorwürfen gegen den Norweger, die neben bezahlten Jagdausflügen, Bestechungsgeldern bis hin zum Buchen von Escort-Damen reichen, mitbekommen hat, scheint zumindest zweifelhaft. Er selbst sei von den Enthüllungen „geschockt“ gewesen. Als Aufklärer und Reformer trat er bisher aber nicht in Erscheinung.

Broka saß die letzten vier Jahre im IBU-Rechtsausschuss. Auch Lettlands früheren Justizministerin dürften zumindest Gerüchte über Bessebergs Agieren  nicht entgangen sein. Für sie stellt sich die „große Frage, ob die amtierenden Präsidiumsmitglieder in ihren Zuständigkeitsbereichen ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllt haben. Es besteht kein Zweifel, dass für einen Wandel ein moderner Ansatz erforderlich ist.“

Broka oder Dahlin? Am Freitag wählen 56 stimmberechtigte Mitgliedsverbände eine neue IBU-Spitze, darunter auch nicht gerade als Biathlon-Nationen bekannte Länder wie Brasilien, Indien oder die Mongolei.  dpa

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