München – Dass der EHC München sich nach zwei Spieltagen schon wieder an die Spitze der Deutschen Eishockey-Liga gesetzt hat, ist nicht überraschend. Eher schon: Top-Scorer ist ein Verteidiger, Konrad Abeltshauser. Zwei Tore, zwei Assists, ergibt vier Punkte.
Was machen die Stürmer? Was macht DER Stürmer?
Trevor Parkes hat in den vier Spielen in der Champions League, die vor dem Start der DEL stattfanden, sechs Tore erzielt, damit ist er die Nummer eins in dem europäischen Wettbewerb und mit acht Scorer-Punkten Co-Führender in der Wertung für die Summe aus Toren und Assists. Trevor Parkes ist also eine Scoring-Maschine. Der Kanadier nimmt das Kompliment lächelnd entgegen.
Zum 4:2-Sieg in Berlin und dem 3:1 gegen Straubing, den ersten beiden Partien in der Deutschen Eishockey-Liga, hat er drei Torvorbereitungen beigetragen, sicher bald kommt der erste Treffer in der DEL für den EHC München, und wenn es heute Abend (ab 19.30 Uhr) geschehen würde, wäre es pikant. Denn Trevor Parkes trifft mit München auf sein Ex-Team, die Augsburger Panther. Für die hat er in zwei Jahren 47 Tore erzielt.
„Das ist kein leichter Übergang“, sagt der 27-Jährige. Er kam 2016 nach Deutschland, nach Augsburg, und was er schnell verinnerlicht hat: Dass die Spiele gegen München sich abhoben vom Rest des Kalenders. „Wenn die Münchner zu uns in die Stadt kamen, wollten wir sie immer richtig übel schlagen, und unser Umfeld, unsere Freunde, die wollten das auch.“ Er kann schon erahnen, was auf ihn zukommt, wenn der EHC mal in Augsburg wird spielen müssen: „Das wird für mich nicht das wärmste Willkommen geben. Aber das ist eben ein Teil des Spiels.“
Die Transferpolitik der Augsburger Panther basiert darauf, Spielern aus Nordamerika ein Sprungbrett zu bieten. Der Deal ist: Ein, zwei Jahre sein Bestes geben und sich empfehlen für einen der großen Clubs in der DEL. Trevor Parkes hat sich vom Augsburger Sprungbrett schnell hochkatapultiert. Sogar bis in die kanadische Nationalmannschaft. Vor einem Jahr stand er im erweiterten Olympiakader; nach Sotschi schaffte er es zwar nicht, aber spürt nun, dass seine Karriere nicht in Europa versanden muss: „Wenn ich die NHL auf mich aufmerksam machen könnte, wäre das ein Bonus.“ Zwei Spieler des EHC, Dominik Kahun und Brooks Macek, haben Angebote von drüben bekommen und angenommen, und Parkes, der nie gedraftet worden ist und noch nicht höher gespielt hat als in der American Hockey League (AHL), hat den Traum vom ganz großen Eishockey noch nicht aufgegeben. DEL plus CHL – keine schlechten Bühnen.
Er spielt in München in einer Reihe mit John Mitchell und Justin Shugg: „Wir haben sofort eine wundervolle Verbindung zueinander gefunden“, sagt Parkes. Shugg kennt er seit Kindertagen, „und wir haben in Augsburg zusammengespielt“.
Da ist sie also noch einmal: die Schiene Augsburg – München. Als der EHC noch in der 2. Liga spielte (bis 2010, in Vor-Red-Bull-Zeiten), war er eine Art Farmteam der Panther, die seit Anbeginn (1994) der DEL angehören. Augsburg schickte seine überzähligen Spieler mit Förderlizenz nach München, durfte sich im Gegenzug beim EHC bedienen, wenn er seinen Kader auffüllen musste. Mit Münchens Aufstieg war die Regelung natürlich vorbei, seitdem besteht – zumindest zwischen den Fans – wieder ein kerniges Feindesverhältnis. Auf Clubführungsebene ist der Umgang viel entspannter. EHC-Manager Christian Winkler lud den Augsburger Hauptgesellschafter Lothar Sigl sogar zu den Playoffs in den VIP-Bereich ein, „weil er für uns ein Glücksbringer ist“.
Und ein Shugg-, Parkes- und Daryl-Boyle-Bringer; der EHC hat immer Ex-Augsburger. Parkes übrigens versichert, erst weit nach dem letzten Spiel für die Panther in München unterschrieben zu haben. Als er im April 2018 von Kanada „und vom Sofa aus“ die Finalserie verfolgte, „hatte ich aber die klare Vorstellung, dass ich für München spielen werde“.