Die Tür steht offen

von Redaktion

Die Bayern-Führung ist zu einem klärenden Gespräch mit Boateng bereit – Verständnis hat sie für seine Kritik aber nicht

von elisabeth schlammerl

Lissabon – Erst einmal wollte Jerome Boateng nicht mehr reden. Es gab ja genügend andere Themen an diesem Champions League-Abend in Lissabon. Der Innenverteidiger des FC Bayern verließ nach dem 2:0-Sieg gegen Benfica wortlos das Estadio da Luz. Er hatte genug gesagt und er findet wohl auch, dass von seiner Seite zunächst einmal alles gesagt sei. Das Reden überließ Boateng am Mittwoch nun anderen, denjenigen, die in seinem Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ nicht so gut weggekommen waren. Die Verantwortlichen des Rekordmeisters vor allem. „Ich glaube nicht, dass wir etwas versäumt haben“, sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. „Es gibt überhaupt keinen Dissens.“ Und falls doch: „Unser Büro steht immer offen“, ließ er Boateng wissen.

Dabei ist längst bekannt, dass das Verhältnis zwischen dem Club-Boss und dem Nationalspieler seit längerem nicht mehr das beste ist. Rummenigge hatte Boateng einst nach einer Champions League-Niederlage in Rostow geraten, er solle wieder „back to earth“ kommen – und ihm vor dieser Saison die Freigabe für einen Wechsel erteilt, aber der Transfer zu Paris St. Germain scheiterte.

„Jerome Boateng ist sicher so etwas wie ein bunter Vogel“, sagte Rummenigge und bezog dies aber weniger auf das Modebewusstsein des Verteidigers, sondern vielmehr auf dessen Stellenwert in der Gesellschaft. „Es gab ja zur EM 2016 den fürchterlichen Spruch von (Alexander) Gauland („die Leute wollen einen Boateng nicht als Nachbarn), der dann ja zu einem Politikum geführt hat“. Boateng ging es aber wohl vielmehr um die öffentliche Kritik nach dem Aus bei der WM in Russland, als ihm unter anderem vorgeworfen wurde, er habe seinen Berliner Friseur einfliegen lassen und sei beim Spiel gegen Südkorea mit einer schicken Sonnenbrille auf der Tribüne gesessen. Für ihn sei es „nicht so schön, wenn überall Sachen über mich behauptet werden und man keine öffentliche Unterstützung vom Verein bekommt“, hatte er daraufhin zuletzt geklagt. „Ich will mir nicht vorwerfen lassen, dass ich in der Sonne eine Sonnenbrille trage.“

Auch Hasan Salihamidzic hat kein Verständnis für Boatengs Kritik. „Wir haben uns überhaupt nichts vorzuwerfen. Wir haben Jerome Boateng in der vergangenen Saison genauso unterstützt, wie wir ihn auch jetzt unterstützen werden“, sagte der Sportdirektor der Bayern vor dem Spiel gegenüber „Sky“. Für Rummenigge ist es „grundsätzlich“ kein Problem, „wenn ein Spieler meint, er müsste mal was Kritisches in Richtung von Uli Hoeneß oder mir sagen“. Wichtig sei aber, sagte Rummenigge, dass er dann so spiele wie gegen Benfica. So gut, meinte er.

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