Eishockey

Die DEL als NHL-Talentschmiede

von Redaktion

Warum deutsche Spieler in Nordamerika gefragt sind – und was die Abgänge für die Liga bedeuten

Von Günter Klein

München – Ende Juli war der Stanley Cup zu Besuch in Rosenheim. Bei Philipp Grubauer, dem Torhüter, der früher bei den Starbulls gespielt und 2018 mit den Washington Capitals die wichtigste Trophäe im (Club-)Eishockey gewonnen hatte. Rosenheim machte ein Volksfest aus der Cup-Präsentation, aus ganz Deutschland kamen die Eishockey-Nerds, um sich mit Grubauer und dem Pokal fotografieren zu lassen. Zu diesem Anlass trägt man gerne Trikot, um zu zeigen, woher man kommt oder welchem Team man sich zugehörig fühlt. Einer hatte das Gewand der Chicago Blackhawks an. Beflockt mit „24 Kahun“.

Es spricht für das NHL-Merchandising, dass es dieses Trikot so früh schon gab. Dominik Kahun, der deutsche Silbermedaillengewinner, verbrachte die Sommertage noch in München; sicher war es überhaupt noch nicht, dass er es wirklich in den finalen NHL-Kader schaffen würde. Jetzt ist er auf dem Weg dorthin. Im Oktober geht es los. Die Chancen, dass das mit „24 Kahun“ sein wird, sind ganz gut.

Bei Kahun, dem Ausnahmespieler, erschien es unausweichlich, dass er nach vier Jahren in München in die NHL gehen würde, er war der DEL entwachsen. Einen „Spieler, der in der DEL über allem steht“ nannte ihn sein Sturmpartner beim EHC, Mads Christensen. Überraschend kamen aber die anderen Wechsel von der DEL in die NHL: Brooks Macek (München – Las Vegas), Yasin Ehliz (Nürnberg – Calgary), Maximilian Kammerer (Düsseldorf – Washington). Macek und Ehliz werden in den jeweiligen Farmteams in der AHL, der zweiten Profiliga, beginnen, der Berliner Marcel Noebels versuchte sich im Camp der Boston Bruins, wurde aber schon wieder aussortiert und kehrte zu den Eisbären Berlin zurück.

Vier hochkarätige deutsche Nationalspieler sind auf einen Schlag weg – und die Clubs der DEL hat das wirklich vor Probleme gestellt. München etwa, das Kahun und Macek verlor, sah sich genötigt, bereits zu Saisonbeginn neun Ausländerlizenzen zu vergeben. Die DEL argumentiert sich die Situation jedoch auch positiv. Geschäftsführer Gernot Tripcke: „Es ist ein Zeichen, dass man nicht in der russischen KHL oder in Schweden spielen muss, um von der NHL beachtet zu werden.“ Für junge deutsche Spieler bedeute dies zudem, „dass sie nicht schon mit 17, 18, 19 nach Nordamerika in die Major Juniors-Ligen gehen müssen, sondern bis 22, 23 in der DEL spielen können.“ So würde die Liga in Deutschland auf andere Art Attraktionen gewinnen.

Für Münchens Trainer Don Jackson hat es durchaus eine Logik, dass NHL-Teams sich um Personal aus Deutschland bemühen. Wegen der Strukturen in der DEL. „Die Hälfte der Spieler in Deutschland stammt aus Nordamerika und bringt viel Erfahrung mit – von der junge Deutsche profitieren können.“ In der Kabine in Kanada oder den USA werden sie dann auch keinen Kulturschock erleben.

Womit sie drüben halt leben müssen: Ein Job ist nie sicher.„Der Druck ist extrem: Du musst produzieren“, sagt Philipp Grubauer. Nicht gedraftete Spieler aus Europa werden in der Regel mit Zwei-Wege-Verträgen ausgestattet. Stehen sie im NHL-Team, bekommen sie das Salär, das bei Neulingen üblich ist (750 000 Dollar pro Jahr), müssen sie aber in die AHL, rutschen sie auf ein Einkommen unter 100 000. Weniger, als sie daheim in Deutschland gehabt haben. Ein Wechsel nach Nordamerika auf der Basis eines solchen Vertrags ist also mit einem Risiko verbunden – das Bundestrainer Marco Sturm allerdings auch einfordert. Wer was wagt, kann bei ihm gewinnen. Und ja auch in der NHL. Siehe Leon Draisaitl, Dominik Kahuns Gefährte aus Juniorentagen. Draisaitl. Er schloss 2017 einen mit 68 Millionen Dollar dotierten Achtjahresvertrag mit den Edmonton Oilers ab, kommende Woche am Mittwoch gastiert er mit seinem Team bei seinem Heimatverein Köln.

Dass manche Spieler ihr Amerika-Abenteuer schnell wieder abbrechen, kommt auch vor. Franz Reindl, der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), glaubt aber an das Durchhaltevermögen der jetzt Hinübergewechselten, auch wenn es mal nicht läuft: „So wie ich sie kenne: Sie müssen nur die Chance bekommen, Dann werden sie sie nutzen.“

Artikel 5 von 11