In Nyon ist es schön. Das UEFA-Hauptquartier hat direkten Zugang zum Genfer See, die Sonne wärmte angenehm unaufdringlich – in diesem Ambiente war man weit weg von dem, was einen zuhause in Deutschland bedrücken könnte. Der DFB feierte in Nyon einen großen Tag. Er darf die Europameisterschaft 2024 ausrichten, was er am Abend dann doch in einem Golfclub bei Genf anständig begehen wollte.
Man erkennt die Parallele zum Jahr 2000. Damals hatte Deutschland nach einer völlig missglückten EM (in den Niederlanden und Belgien) von der FIFA die WM 2006 bekommen – das vermittelte ihm die große Aufbruchstimmung, deren Ausläufer bis zur WM 2014 reichten. Auch 2018 folgt auf das Fiasko (WM in Russland) das Signal: Es kommt was Neues, ein beflügelndes Ziel. Die EM 2024. Ein Konjunkturprogramm für den deutschen Fußball. Den ganz großen 2018er-Crash hat der DFB in Nyon also abwenden können.
Er sollte sich aber darüber im klaren sein, dass die Lage kritisch bleibt. In Deutschland leidet der Fußball unter seiner Überkommerzialisierung, wie die jüngsten Fanprotestaktionen zeigen. In den Nachwuchsleistungszentren, die die Basis legten für den WM-Erfolg vor vier Jahren in Brasilien, hat man sich Spieler herangezogen, die verwöhnt und glatt wirken und nicht versprechen, die nächste goldene Generation zu werden. Der DFB schiebt viele Probleme vor sich her. Das war legitim, weil er die EM-Bewerbung in den letzten Wochen über alles gestellt hat, doch nun muss der gesamte deutsche Fußball sich mit seinen Strukturen auseinandersetzen.
Was auch nachdenklich stimmen muss: Wie dringlich der DFB die EM 2024 braucht. Das bedeutet, dass die Effekte des Sommermärchens von vor zwölf Jahren schon verpufft sind. Nimmt man den Zeitraum von 1974 bis 2024, dann sind es vier große Turniere, die Deutschland bekommen hat (zweimal WM, zweimal EM), das ist eine einmalige Häufung, auf die kein anderer der großen Verbände verweisen kann. Der deutsche Fußball ist wirklich begünstigt, seine Ausnahmestellung erzeugt auch Verlierer. Diesmal die Türkei. Als Fußballland hätte es nun schon mal dran sein müssen.