Der Fall Özil spielte keine Rolle

von Redaktion

Ligen-Chef Rauball und Bundestrainer Löw fühlen mit der Türkei – „Akzeptieren, dass Mesut nicht reden will“

Nyon – Reinhard Rauball, der Chef der Deutschen Fußball-Liga, öffnete nach der gewonnenen DFB-Wahl um die EM 2024 seine Brieftasche. Er zog ein Kärtchen hervor, er fand, jetzt könne man mal ein Geheimnis verraten.

In seiner Hand hielt er eine scheckkartengroße Karte, auf der ein Lichtbild einen deutlich jüngeren Reinhard Rauball zeigte. „Das ist ein Mitgliedsausweis von Galatasaray Istanbul“, klärte er auf. „Ich habe die 1988 als Anwalt mal gegen die UEFA vertreten.“ Erfolgreich; danach kam er der türkischen Herzlichkeit nicht aus. Seit dreißig Jahren also ist Rauball bei „Gala“, dem prominentesten türkischen Verein. Er versteht dir türkische Fußballseele, er weiß, dass es wehtut, wenn man abermals abgelehnt wird; 2008 in einer gemeinsamen Bewerbung mit Griechenland, dann 2012, 2016, für 2020 hatte man sich wieder abgemeldet, weil die UEFA die Idee einer kontinentalen Turnierform hatte, und für 2024 scheiterte man an Deutschland.

Joachim Löw hat gute Türkei-Kontakte, er war Trainer dort. Er nahm einen Journalisten aus dem Galatasaray-Umfeld tröstend in die Arme. Trotz seiner Türkei-Sympathien war der Bundestrainer für seinen Dienstherrn, den DFB, in den Ring gestiegen.

Was angesichts des klaren Abstimmungsergebnisses von 12:4 keine Rolle gespielt hat: Das schlechte Krisenmanagement des DFB im Fall Mesut Özil, das den ganzen vermaledeiten Sommer bestimmt hatte. Offensichtlich konnte der DFB im UEFA-Exekutivkomitee widerlegen, dass sein Präsident Reinhard Grindel sich gegenüber einem verdienten und langjährigen Nationalspieler mit Migrationshintergrund rassistisch verhalten habe.

Löw selbst hat vergangene Woche zusammen mit Oliver Bierhoff bei der Nach-WM-Trainertagung in London einen weiteren Versuch unternommen, sich mit Özil zu treffen und ins Reine zu kommen. „Wir waren bei Arsenal, dreieinhalb Stunden. Dort sind deutsche Spieler, Bernd Leno, Shkodran Mustafi, oder Per Mertesacker arbeitet dort, der lange für uns gespielt hat. Wir haben gesprochen und zusammen gegessen.“ Der Besuch war beim FC Arsenal angemeldet, „Mesut war einfach nicht da. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber wir müssen es einfach akzeptieren, dass er im Moment nicht mit uns reden will.“

Nachlegen will der Bundestrainer aber nicht. Er untermauert, was er zuvor schon gesagt hat: „Ich hätte mir gewünscht, dass er mich vor seinem Rücktritt anruft. Und wenn es nur eine Minute ist.“ Gestern zählte für ihn, „dass es eine große Motivation gibt für unsere Jugendlichen.“ Den nächsten Özil.  gük

Artikel 1 von 11