Wolfsburg – Das Spitzenspiel beim VfL Wolfsburg sollte eine Standortbestimmung werden – es wurde eine Demütigung. Die Fußball-Frauen des FC Bayern bekamen mit einer historisch hohen Niederlage deutlich vor Augen geführt, wo ihr Platz ist: Klar hinter dem Doublesieger. Mit dem 0:6 waren die Münchnerinnen gestern sogar noch ganz gut bedient. Torhüterin Manuela Zinsberger verhinderte ein schlimmeres Debakel. Für ihre Kolleginnen lautete das Urteil: Setzen, sechs!
Nur in den ersten 15 Minuten brachten die Bayern ein Bein auf den Boden, dann erging es ihnen aber schlecht. Ewa Pajor machte mit der Abwehr, was sie wollte, sie begann früh mit dem Torreigen und feierte am Ende drei Erfolgserlebnisse. Die weiteren Treffer erzielten Pernille Harder per Foulelfmeter und Alexandra Popp. Mit einem Slapstick-Eigentor zum zwischenzeitlichen 0:4 zeigte Verena Schweers nach einer guten Stunde, wie tief die Verunsicherung reichte. Auf der Tribüne staunte auch Bundestrainer Horst Hrubesch, wie wenig sich seine Nationalspielerinnen in den roten Dressen zu helfen wussten.
Die Wolfsburgerinnen waren in allen Belangen überlegen. Bereits letzte Woche hatten sie das ebenfalls hoch gehandelte Essen 5:0 demontiert, nun entthronten sie den Tabellenführer mit einer Leichtigkeit, dass es schon am dritten Spieltag dieser Saison im Grunde keine Frage mehr ist, wer Meister wird. Der Rest der Liga wird Platz zwei hinter dem VfL unter sich ausmachen. Sogar zu den bis dato bestens aufgelegten Bayern klaffen Welten.
Die Münchnerinnen haben im Sommer zwar noch einmal personell an Qualität gewonnen, doch zu einem internationalen Top-Team fehlt viel. Dass das Lazarett prominent besetzt ist, darf keine Entschuldigung sein. Zumal Stammkräfte wie Melanie Leupolz (Sehnenanriss) und Gina Lewandowski (Muskelbündelriss) noch lange fehlen werden. Da sind die anderen gefragt. Gestern kam nichts. Auch die Stützen der Mannschaft erreichten – mit Ausnahme von Zinsberger – zu keinem Zeitpunkt Normalform. Schweers’ Aussetzer beim 0:4 war nur ein Beispiel, auch der bei Leupolz’ Abwesenheit als Kapitänin auftretenden Carina Wenninger unterliefen schwere Patzer. Trainer Thomas Wörle brachte zur Pause Lineth Beerensteyn für Jill Roord, später feierte Neuzugang Kathrin Hendrich ihr Debüt – doch es sollte alles nichts helfen. Derart chancenlos wie gestern sah man die Bayern lange nicht.
Nach der Länderspielpause (die DFB-Auswahl spielt am Samstag in Essen um 14 Uhr gegen Österreich und vier Tage später gegen Italien) empfangen die Münchnerinnen am 13. Oktober den Tabellenvierten aus Hoffenheim im Grünwalder Stadion. Anpfiff ist um 13 Uhr. Trainer Wörle hofft bis dahin auf die Rückkehr einiger Verletzter, unter anderem Fridolina Rolfö wird dann zurückerwartet. Bis auf Weiteres muss man aber nun erst mal die versaute Standortbestimmung verarbeiten.