Slapstick mit Zieler

Deutsche Torwart-Krise?

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Wer seine Lebensenergie aus Schadenfreude bezieht, war bislang bei der monatlichen Wahl zum „Kacktor des Monats“ in der Sonntagabendshow „Zeiglers Wunderbare Welt des Fußballs“ gut aufgehoben: Videos aus den Tiefen der Bezirksligen und Kreisklassen, die die Unvollkommenheit des Amateurkickers aufzeigen. Besonders oft vertreten: Der Torhüter, der nicht fliegt, sondern bahnschrankenmäßig fällt, dem der Ball vom Pfosten an die Stirn springt und von dort rein oder der mit dem Befreiungsschlag den eigenen Verteidiger trifft, der somit zur Billardbande wird. Slapstick pur. Und das in Deutschland, wo wir meinen, dass jeder, wenn er sich nur die Torwarthandschuhe anzieht, besser ist als alle englischen Keeper in der Premier League.

Doch haben wir nicht längst auch eine deutsche Torwartkrise und schleicht sie sich von unten in die oberen, ja die höchste Liga? Alleine in den vergangenen zwei Wochen ist allerhand passiert. Der bemitleidenswerte Augsburger Fabian Giefer verlor nach zwei Flanken-Patschern und einem Durch-Hände-Arme-Beine-Roller seinen Platz als Nummer eins im Club. Dann konnte sogar Manuel Neuer gieferesk einen hohen Ball nicht abwehren. Und um alles noch zu toppen, lieferte der in dieser Saison auch noch nicht solide Stuttgarter Ron-Robert Zieler den Höhepunkt, den Einwurf des eigenen Mannes nicht stoppen zu können. Eine Szene, bei dem einen gleich noch Sven Ulreich vorige Saison in der Champions League gegen Real einfällt, oder der Mainzer Robert Zentner, der den Ball passen wollte, ihn aber mit dem Elfmeterpunkt verwechselte. Und sogar der zum Superstar in Barcelona aufgestiegene Marc-Andre ter Stegen hat (im Nationalteam) schon Rückgaben reingelassen.

Wie kommt’s? Halten wir es mit Oliver Kahn, für den es gar keine Torhüter mehr gibt, sondern nur noch Torspieler. Der Torhüter hat seit jeher Torhüterfehler gemacht, da wird er mit der Repertoire-Erweiterung als Torspieler auch Feldspielerfehler begehen dürfen. Interessant ist halt, dass auch ein Vierteljahrhundert nach Einführung der Rückpassregel, die die Torhüter zu mehr Fußarbeit zwang, sich immer noch Versagensängste Bahn brechen, wenn der Ball auf sie zuhoppelt.

Doch Fehlbarkeit ist ja auch sympathisch. Wir interpretieren sie zudem als Solidaraktion der Profi- mit all den lustigen Freizeittorwarten aus Arnd Zeiglers Sendung. Ron-Robert Zieler wird den Preis – eine Klobrille – mit humorvoller Würde entgegennehmen.

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