Suzuka – Bei Ferrari weiß man, wie man Aufmerksamkeit erregt. Die Scuderia lud gestern zu ungewöhnlich früher Stunde ins verregnete Formel-1-Fahrerlager von Suzuka, um eine neue Wagenlackierung zu präsentieren. Würden die Rennwagen aus Italien in Japan etwa in Grün, Gelb oder Lila an den Start gehen?
Natürlich nicht. Letztlich legten Sebastian Vettel und Teamkollege Kimi Räikkönen um 9.30 Uhr Ortszeit nur ein paar weiße Schriftzüge auf dem ansonsten selbstverständlich roten Boliden frei. „Mission Winnow“, eine nebulöse Kampagne des Großsponsors Philipp Morris, wird künftig prominent beworben. „Winnow“ bedeutet nach offizieller Lesart „die Spreu vom Weizen trennen“ – und das ist doch ein ziemlich treffendes Motto für Vettel, will er seine WM-Chancen am Leben erhalten.
Viel mehr als das Prinzip Hoffnung hat der Heppenheimer aber nicht zu bieten. „Ich hoffe und gehe davon aus, dass wir hier näher dran sind“, sagte der viermalige Weltmeister, der mit satten 50 Punkten Rückstand auf Mercedes-Star Lewis Hamilton ins fünftletzte Saisonrennen am Sonntag (7.10 Uhr/RTL) geht.
Doch nicht nur mit Blick auf den WM-Stand sind die Vorzeichen für den Heppenheimer auf seiner Lieblingsstrecke keineswegs ideal. Hamilton nämlich fährt seit Wochen nahe der Perfektion, der 33-jährige Brite gewann fünf der letzten sechs Rennen und scheint wieder das beste Auto im Feld zu haben. „Wir haben nicht erwartet, in den letzten Rennen so schnell zu sein“, sagte Hamilton selbst.
Dass die WM „leider bereits für Mercedes entschieden“ ist, glaubt angesichts der jüngsten Entwicklung Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. Dass Ferrari seinen technologischen Vorteil des Sommers gegenüber den Silberpfeilen offenkundig eingebüßt hat, bezeichnete der frühere Vettel-Förderer als „erstaunlich“.
Im Mercedes-Lager wird allerdings tiefgestapelt. Die Strecke in Suzuka mit ihren vielen schnellen Kurven besitze „ähnliche Züge wie Silverstone, wo wir in diesem Jahr nicht so stark waren wie in den Vorjahren“, warnte Motorsportchef Toto Wolff.
Mercedes hat allerdings in den letzten Rennen seine Karten exzellent ausgespielt. Der Fokus liegt auf dem Gewinn der Konstrukteurs-WM und des Fahrertitels durch Hamilton, weswegen der Brite in der Vorwoche in Russland an seinem Stallkollegen Valtteri Bottas vorbeigewunken wurde. Ein Szenario, das sich in Japan wiederholen könnte. „Die wahre Stärke eines Teams zeigt sich darin, was die Einzelnen bereit sind für den Erfolg der Gruppe zu opfern“, sagte Wolff: „Valtteri war in Sotschi bereit, seinen Sieg aufzugeben, und dadurch unsere Führung auszubauen. Und er hat gesagt, dass er bereit sei, dies nochmal zu tun.“