Dortmund im Aufwind

Sonniger Herbst

von Redaktion

MARC BEYER

Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass der Dortmunder Patient auf dem Weg der Genesung ein gutes Stück zurückgelegt hat, dann war es der Dienstag. Während die Mannschaft sich auf das anstehende Spiel vorbereitete, machte in den sozialen Medien ein Bild die Runde, das Jadon Sancho beim Betreten des Trainingsplatzes zeigte, zwei Finger jeder Hand ausgestreckt. Der Hashtag #Sancho2022 war Programm.

Die Vertragsverlängerung mit dem jungen Engländer ist ein Coup, auch wenn er in seinem Leben noch keine 20 Bundesligaspiele bestritten hat. Allein das halbe Dutzend in dieser Saison hat in der Branche für Furore gesorgt. Sancho (18) mag beim BVB noch keinen Stammplatz haben, doch seine Bilanz als Teilzeitkraft – ein Tor, sechs Vorlagen in 124 Minuten – ist atemberaubend.

Jeder Topclub in Europa sucht einen wie ihn: Jung, hochbegabt, mit viel Potenzial für Verbesserung, trotzdem schon heute ein Spieler, der den Unterschied machen kann. Dass Sancho seinen ohnehin bis 2020 gültigen Vertrag verlängert, statt in Ruhe die Alternativen zu prüfen, sagt allerhand aus über den Aufschwung der Borussia. Selbst wenn die Laufzeit in diesem Geschäft nur eine vage Empfehlung für die Karriereplanung ist, erfreut sich der Standort Dortmund ungebrochener Beliebtheit.

Es sind gerade die Tage der Rückbesinnung. Die Champions League-Partie gegen Monaco erinnerte an den Bombenanschlag vor 18 Monaten, der siebte Spieltag am Wochenende an das trügerische Formhoch vor einem Jahr. Damals thronten die Westfalen fünf Punkte vor dem FC Bayern, ehe sie spektakulär kollabierten. Der neue Trainer hielt sich nicht mal bis Weihnachten.

Die Dortmunder haben gute Gründe, mit den jüngsten Siegen sensibel umzugehen. Selbst der FC Bayern erlebt momentan die Vergänglichkeit des Erfolgs. Der schönste Rausch kann jederzeit in herbstliches Grauen umschlagen, doch die schwarz-gelben Rahmenbedingungen – vom Binnenklima über die Kaderbalance bis zum Trainer – sind mit denen vor einem Jahr nicht zu vergleichen. Nicht mal die Extravaganzen eines Pierre-Emerick Aubameyang müssen noch abgefedert werden.

Den üblichen Automatismen folgend wird es bald wieder Spekulationen über BVB-Talente und ihre Zukunft in England, Spanien, Paris hageln. Abwerbeversuche sind der Preis des Erfolgs, aber das kennt man in Dortmund ja schon. Immerhin: Jadon Sancho sollte dabei so schnell keine Rolle spielen.

marc.beyer@ovb.net

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