München – Er kam, sah, und am Ende siegte er auch. Derrick Williams erlebte gleich bei seinem Premiereneinsatz im Trikot der Basketballer des FC Bayern einen spektakulären 80:79-Erfolg über Panathinaikos Athen mit. Schon heute (21 Uhr) folgt Versuch Nummer zwei – nicht einmal 48 Stunden nach dem Coup gegen den griechischen Titelfavoriten müssen Williams und Kollegen beim FC Barcelona ran. Für die Bayern ein Wiedersehen mit ihrem Ex-Coach Svetislav Pesic – für Williams der erste Auswärtsauftritt in Europa. Eine Gelegenheit, der er entgegenfiebert, wie er im Interview verriet.
Wie haben sich die ersten Einsatzminuten in Europa angefühlt?
Es war großartig. Ok, mein letztes Spiel ist sieben, acht Monate her, es war klar, dass noch nicht alles funktioniert. Aber das wird jetzt Schritt für Schritt kommen. Ich wollte viel Energie aufs Feld gehen. Dabei haben mir die Fans sehr geholfen. Sie sind unglaublich. Toll, dass wir ihnen einen Sieg schenken konnten. Jetzt geht es nach Barcelona, zum ersten Mal auswärts. Ich freue mich drauf.
Sie kennen bislang vorwiegend die NBA. Wie sehen Sie das Niveau der Euroleague?
Das ist der Punkt, auf den ich sehr gespannt war. Ich hatte vorher ja schon viel Gutes von früheren Mitspielern gehört, die die Euroleague kennen. Das Spiel ist aggressiver. Die Qualität ist sicher die beste nach der NBA. Das ist ja der Grund, warum ich hier bin. Ich will irgendwann zurück in die NBA. Hier gut zu spielen, wird mir dabei helfen.
Bislang bestand ihre Karriere in Übersee vor allem aus Kurzzeitengagements. Überraschend für einen Mann, der an zweiter Stelle gedraftet wurde.
Naja, aber so hoch gedraftet zu sein, ist auch keine Garantie. Es gibt Spieler, die als 50. gezogen werden und doch spielen. Andere sogar ungedraftet. Es muss einfach passen. Und man darf eines nicht vergessen: In 95 Prozent der Fälle landest, wenn du so hoch gedraftet wirst, bei einem schlechten Team, in dem du mit 19, 20 Jahren plötzlich alles umbiegen sollst. Ich habe das auch zu spüren bekommen, ich bin damals auch in einen Veränderungsprozess geraten. Das war alles andere als einfach. Aber das soll keine Ausrede sein. Ich denke, viele Entwicklungen haben ihren Sinn. Ich habe tolle Erfahrungen gemacht. Letztes Jahr in China und nun eben in Deutschland.
Wie schwer ist Geduld in diesem Geschäft?
Es ist natürlich nicht einfach, zumal du das Gefühl hast, dass es nicht immer nur um den Sport geht, sondern auch um Business und Politik. Aber davon darfst du dich nicht beeinflussen lassen. Wenn eine Tür zugeht, dann geht eine andere auf. Diese Herangehensweise hat mich immerhin zu den Miami Heat gebracht und zu den Cleveland Cavaliers, mit denen ich bis ins Finale kam. Auf so einer Bühne zu spielen, mit und gegen einige der besten Spieler der Welt – das ist eine Erfahrung, die ich wahnsinnig gerne noch einmal erleben möchte.
Was kann man von Superstars wie LeBron James mitnehmen?
Vor allem die Herangehensweise. Trotz allem Talent jeden Tag immer wieder hart zu arbeiten, Extraeinheiten zu machen. Aber nicht nur ihnen – du kannst allen großen Sportlern etwas abschauen. Ich habe einmal gelesen, dass Cristiano Ronaldo jeden Tag 90 Minuten schläft. Das ist eine hilfreiche Routine, ein Lebensstil. LeBron, Ronaldo, Messi oder Mike Tyson, der einer meiner Lieblings-Athleten war – sie alle haben etwas, was sie speziell macht.
Auf ihrem Arm haben Sie allerdings keinen Sportler sondern das Konterfei von Ex-Präsident Barack Obama eintätowiert…
Ohja, und das hat eine große Bedeutung für mich. Wie alle meine Tattoos. Ich mag Veränderungen. Ich mag Menschen, die sich Veränderungen trauen. Und ich mag Menschen, die weiter denken als an sich selbst. Obama ist sehr realistisch, in allem, was er tut. Er weiß, dass er auch an die Zukunft denken muss. An kommende Generationen. Klar ist doch: Du kannst in allen Lebensbereichen etwas zum Guten ändern.
Gibt es etwas, was Sie in diesem Jahr beim FC Bayern verändern würden?
Ich habe selbst in meiner Karriere von anderen Spielern viel mitgenommen. Ich würde mich freuen, wenn ich hier Spielern etwas von meinen Erfahrungen weitergeben könnte. Wenn ich dazu beitragen, dass andere Spieler besser werden, dann wäre das ein großer Erfolg. Vor allem aber will ich mit dem Club Titel holen und auch in der Euroleague erfolgreich sein. Es wäre toll, wenn ich dazu beitragen kann.
Der Club ist in der Euroleague allerdings neu, dieses Jahr ist ein Jahr zum Kennenlernen.
Das mag schon sein, ja. Aber wir sind eine gute Mannschaft. Warum sollen wir nicht doch um die Playoffs mitspielen? Der Sieg gegen Panathinaikos hat doch gezeigt, dass wir zumindest wettbewerbsfähig sind. Eine der Erfahrungen meiner Karriere ist: Du kannst viel erreichen, wenn du daran glaubst. Der Himmel ist die Grenze..
Interview: Patrick Reichelt