Ein neuer Akzent

von Redaktion

In Sané, Gnabry und Werner offenbaren sich erfrischende Offensiv-Impulse

Paris – Leroy Sané hätte es sich leicht machen können und den direkten Weg wählen. Stattdessen aber quetschte sich der junge Mann zwischen einer dicken Säule und der Wand durch, um die Katakomben des Stade de France zu verlassen. Auf diese Art entkam er den letzten lästigen Zweikämpfen des Abends. Die wartenden Reporter ließ er auf dieser Wegstrecke stehen.

Dabei hätte er sich ja keinen unangenehmen Fragen stellen müssen; im Gegenteil: Zwar passt die Chancenverwertung der deutschen Nationalelf noch lange nicht, doch nach dem 1:2 am Dienstagabend gegen Frankreich rückte das leidige Dauerthema ausnahmsweise in den Hintergrund. Im Vordergrund stand, wie Sané, Serge Gnabry und Timo Werner offenbart hatten, dass der deutsche Fußball durchaus eine erfrischende Perspektive in der Offensive hat. Nicht nur Oliver Bierhoff verließ das Stade de France mit „gemischten Gefühlen“, wie der Teammanager verriet: Einerseits wurme die nächste Niederlage, aber da seien auch „Stolz und Zufriedenheit über die jungen Spieler“. Man habe „viele gute Junge, die nachrücken“, lobte auch Mats Hummels, „die haben da vorne für viel Betrieb gesorgt und waren mit Tempo unterwegs“. Nicht nur Sané sei ein Hingucker gewesen, meinte Manuel Neuer, „auch die anderen beiden haben mir gut gefallen“.

Die Geburt eines neuen Deutschlands? Der Kapitän biss sich auf die Zunge, man will ja die alten Gefährten nicht vorschnell abschreiben, verwies aber auch auf den Umbruch bei Frankreich, der bekanntlich zum WM-Titel geführt hat: „Die haben auch viele junge Spieler im Angebot und gehen ihren Weg. Bei uns wird das genauso sein.“

Was noch fehlt, ist die Kaltschnäuzigkeit, meinte Bierhoff, „und dass der eine oder andere letzte Pass noch zu schlampig gespielt wurde“. Nicht auszudenken wäre der Spielverlauf gewesen, wenn Sanés Zuspiel bei einem Konter nach dem 1:0 nicht einen Tick zu lang geraten und Werner herangekommen wäre. Die Medien würden sich in der Analyse angesichts der Wiedergeburt des DFB-Auswahl überschlagen. So aber geht es Schritt für Schritt, was für die Entwicklung der jungen Senkrechtstarter, die gerne mal die Neigung zum Abheben haben, vielleicht gar nicht so verkehrt ist. Dass sie neue Akzente setzen, steht außer Frage.

Joachim Löw lässt bei Sané gerne die Betonung auf dem letzten Buchstaben weg, als gäbe es diesen obskuren Strich gar nicht. Gerade in Frankreich ist das ein Affront. Vielleicht hat sich Sané nun das Recht auf seinen Akzent erspielt. Paris war dafür ja auch das perfekte Pflaster.  awe

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