Um zu erkennen, wie sehr Manuel Baum in seinem Trainer-Beruf aufgeht, hier eine Anekdote aus der Zeit, als der heutige Augsburger Chefcoach noch die SpVgg Unterhaching in der Dritten Liga betreute. Ein Interview mit ihm war eigentlich gerade zu Ende, da fragte er: „Ja, wie? Das war’s schon?“ Dann klappte er sein Laptop auf und legte erst so richtig los; es wurde ein mehrstündiger Ausflug in die weit verästelte Welt der Fußball-Taktiken. Lehrreich, interessant, auch fordernd, denn Baum sparte nicht mit Rückfragen. Der Mann brennt für seine Sache.
So verwundert es nun auch nicht, dass Baum folgende Rechnung aufgemacht hat. Eine Bundesligamannschaft zu coachen sei ein Traumjob, sagte er, aber auch hart: 100 Stunden Vorbereitung pro Woche für 90 Minuten Fußball, das sei der Aufwand, zumindest in seinem Fall. Das Mitleid wird sich in Grenzen halten, so ein Job als Bundesligatrainer ist gut dotiert und eine spannende, erfüllende Aufgabe. Dennoch ist es auch mal wert, sich diese Rechnung durch den Kopf gehen zu lassen.
Olaf Thon ist letzte Woche ins Schussfeld der schießwütigen Bayern-Bosse geraten, weil er den Münchner Innenverteidigern Jerome Boateng und Mats Hummels gegen die Niederlande „Altherrenfußball“ unterstellt hatte. Karl-Heinz Rummenigge bewertete das als Verstoß gegen den ersten Artikel des Grundgesetz, der die Würde des Menschen schützt. Das fanden alle übertrieben. Allerdings meinte derselbe Thon schon zuvor, Baum sei zu weich, um eine Erstligamannschaft zu befehligen. „Du musst Vorbild sein, du musst stehen wie eine Eiche“, sagte er, als Baum nach einem neuerlichen schweren Patzer seines Torwarts Fabian Giefer vor laufenden Kameras die Tränen kamen. „Wenn du dann da so einen Lappen hast – ist das nicht gut“, sagte Thon. Der betreute übrigens mal 2010/2011 den Oberligisten VfB Hüls in NRW, nach einem Zerwürfnis mit den älteren Spielern im Kader trat er zurück. Das war’s als Coach. Eine fragwürdige Reputation als Kritiker, vor allem im Trainer-Bereich. Nicht auszudenken ist, wie Rummenigge reagieren könnte, wenn Thon mal Niko Kovac anvisiert.
Zurück zu Baum: Zwei Stunden pro Tag seiner Rechnung gehen für das Pendeln zwischen München und Augsburg drauf. Er macht das für seine Lieben. Frau und Kinder sollten wegen ihm nicht umziehen. „Am Job Bundesliga-Trainer hängt quasi ein ganzes Familienunternehmen dran“, sagt er. Nicht alle bewältigen den Spagat so wie er. Ziemlich gut für einen angeblichen Lappen.
andreas.werner@ovb.net