München – Am Montag in einer Woche wird Marco Sturm in Amerika sein. So war es länger geplant – und so hat es sich kurzfristig und doch ganz anders ergeben.
Nach dem Deutschland Cup in Krefeld (Donnerstag bis Sonntag) wollte Marco Sturm als Bundestrainer und für die Nationalmannschaft zuständiger General Manager des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) seine jährliche Scouting-Tour durch Nordamerika antreten. Es gibt ja einige deutsche Spieler in der National Hockey League, in den Farmteamligen AHL und ECHL sowie im College-Eishockey. Das war immer als eine von Sturms großen Stärken betont worden: Dass er diese Kontakte nach drüben hat, dass jeder Verantwortliche ihn kennt, ihm die Türen öffnet.
Sein Ziel wird am Montag eines an der Westküste der USA sein. Und das hat sich ganz schnell ergeben: Die Los Angeles Kings, mit neun Punkten aus 13 Spielen Letzter der 15 Clubs in der Western Conference, haben ihre Trainerstelle neu besetzt. Chef wird Willie Desjardins – und Assistent Marco Sturm. Was das Besondere an dieser Kombination ist: Sie trafen erst im Februar im olympische Halbfinale aufeinander. Desjardins coachte Kanada, Sturm Deutschland. Sturm gewann.
Am Samstag trafen sich Sturm und DEB-Präsident Franz Reindl auf dem Frankfurter Sportpresseball, auch Christian Ehrhoff und Marcel Goc, zurückgetretener und verletzter Spieler aus dem Silber-Team, waren da. Sturm unterhielt zu dieser Zeit telefonischen Kontakt nach Los Angeles, er bat den Präsidenten Reindl darum, wechseln zu dürfen.
Erst vor der Abreise zu den Olympischen Spielen hatte Reindl eine vorzeitige Vertragsverlängerung mit Sturm bis 2022 bekannt gegeben. Auf Nachfrage sagt er nun: „In jedem Verein gibt es Ausstiegsklauseln.“ Die Anfrage von Marco Sturm kam wohl außerhalb der dort festgelegten Fristen, doch für Reindl war es „eine menschliche Frage“, dass man Sturm, 40, keine Steine in den Weg legen würde. „Wir haben ihm immer gesagt: Lebe deinen Traum, und wenn du die Chance hast, ihn zu verwirklichen, dann reden wir darüber.“
Nach über tausend Spielen als Profi hatte die NHL Marco Sturm nie losgelassen. In den ersten eineinhalb Jahren als Bundestrainer (seit 2015) pendelte er noch von Florida nach Deutschland. Mit ein Grund war, dass er das Umfeld seiner Kinder nicht verändern wollte. Dann schließlich doch – behutsam – die Übersiedlung nach Niederbayern. In Landshut, von wo aus er als 19-Jähriger in die NHL (San Jose Sharks) aufgebrochen war, hatte er schon länger ein Haus gekauft. Zuletzt wohnte Familie Sturm (seine Frau ist die Schwester des früheren Torwarts und heutigen U 20-Cheftrainers Christian Künast) in München, der Sohn und die Tochter gingen auf die Internationale Schule. Nun wird die Familie nach Los Angeles ziehen.
Sturm hatte die NHL im Hinterkopf, aktuell erschien es ihm bis Ende vergangener Woche auch nicht, das er eine Chance bekommen würde. Er war öfter bei den Spielen des EHC München, neulich erst gegen Schwenningen, da stand er vor dem Bus der Wild Wings, um den einzigen Nationalspieler des Tabellenletzten, Mirko Höfflin, über die Einladung zum Deutschland Cup zu informieren.
Für den DEB war wichtig, dass der Deutschland Cup, der erstmals in Krefeld ausgetragen wird, sauber über die Bühne geht. 15 Silbermedaillen-Gewinner sind dabei, viel mehr als bei der WM in Dänemark, bei der ein neuformiertes Team das Viertelfinale verpasst hatte. Das Hausturnier des DEB soll eine große Bühne bieten.
In Krefeld wird sich ab Mittwoch auch das Präsidium des DEB zusammensetzen, und auch die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) hat mitzuentscheiden, wie es weitergeht und wer Bundestrainer werden könnte und ob man den Posten des General Managers von diesem Amt trennt oder die Kombination beibehält.
Eile verspürt man keine. Die nächste Maßnahme der Nationalmannschaft steht erst im Februar an, ein Lehrgang für ein Perspektivteam Peking mit U 23- und U 24-Spielern. Der DEB sieht sich im Nachwuchsbereich und mit Sportdirektor Stefan Schaidnagel gut aufgestellt, sodass das Tagesgeschäft weiterlaufen kann – bis die große strategische Entscheidung gefallen sein wird.