Gelsenkirchen – Man kann das Fußballjahr 2018 nicht ungeschehen machen, das Urteil, dass es ein verheerendes war, wurde bereits im russischen Sommer gesprochen und durch den seit vergangenem Freitag feststehenden Abstieg aus Division A der Nations League bestätigt. Die letzten Eindrücke waren zunächst positiv. Dem 3:0 gegen Russland in Leipzig (Freundschaftsspiel) ließ die deutsche Nationalmannschaft ein 2:2 (2:0) gegen die Niederlande folgen, das lange wie ein sicherer Sieg aussah. Wenn da die Schlussphase nicht gewesen wäre. Man gab ein 2:0 aus der Hand, weil man wie schon bei der WM die Bälle nicht wegbrachte. In der 85. Minute der Warnschuss zum 2:1, in der 90. der Ausgleich.
Es ging vor der überschaubaren Kulisse von 42 186 Zuschauern noch um was: Für Oranje um den Gruppensieg und die Qualifikation fürs Final Four des neuen Formats im Sommer 2019 (das Ziel wurde erreicht) und für die DFB-Auswahl darum, in Topf eins bei der EM-2020-Qualifikationsauslosung zu kommen. Man muss bis heute warten, ob der eine Punkt reicht.
Nach 27 Sekunden setzte Thilo Kehrer der ersten deutschen Schuss auf Gegners Tor. Ein Zeichen, in welche Richtung es gehen sollte. Und vor allem: in hohem Tempo. In die Pause wurde Joachim Löws Team mit wohlwollendem Applaus verabschiedet (insgesamt war es aber in der Arena so ruhig, dass die Leute sich gepflegt unterhalten konnten) – es führte 2:0. Und wieder hatten die jungen Schnellen ihr Werk verrichtet. 1:0 von Timo Werner (9. Minute) und 2:0 von Leroy Sane waren einander ähnliche Tore, jeweils erzielt per Schuss von etwa der Strafraumgrenze aus – und bei beiden war in die Vorbereitung Toni Kroos involviert. Inmitten des Verjüngungsprozesses war auch das ein Statement: Der Madrid-Legionär hat es noch drauf, ein Spiel in die Hand zu nehmen zum Segen seiner Mannschaft.
Es war streckenweise was fürs Auge, den neuen deutschen Spielstil zu sehen, den Wirbel der drei Offensiven, Sane, Werner und auch Serge Gnabry, der sich eine Kopfballchance erarbeitete. Das stete Bemühen um Action wurde vom Publikum anerkannt – selbst als ein Hackenzuspiel von Leroy Sane mal ins Leere ging, wurde geklatscht. Interessant: Aus der ersten Halbzeit ging Deutschland mit weniger Ballbesitz (44 Prozent) – man ist jetzt ein Konter-Team.
Im zweiten Durchgang 38 Sekunden bis zum ersten Abschlussversuch. Gleicher Ansatz also wieder – mit scharfem Anlaufen der Niederländer, einmal setzte sogar Außenspieler Nico Schulz Hollands Tormann Cillessen massiv unter Druck.
Timo Werner durfte nach einem fulminanten Spurt (und fast dem 3:0) Feierabend machen, für ihn kam dann Marco Reus, der die derzeitige Hochform seines Vereins Borussia Dortmund verkörpert und in der ersten Elf des Landes eigentlich mehr als nur eine Option.
Auch das Verteidigen bekamen die Löw-Schützlinge lange ordentlich hin. Mats Hummels musste in der ersten Halbzeit mal kurz vor dem Strafraum foulen, lief seine Gegenspieler aber in einigen Szenen auch resolut ab. Niklas Süle sorgte mit einer waghalsigen Kopfballklärung für eine Schrecksekunde – doch der Dreierblock in der deutschen Defensive ließ bei den zuletzt gepriesenen Niederländern kein sonderlich strukturiertes Angriffsspiel erkennen. Erst ab der 85. Minute.
Unverkennbar: Es war eben das Jahr 2018..