München – Man kann ja nun darüber streiten was sie denn wert ist, so eine Vorrunde bei der Handball-Weltmeisterschaft. Die Champions, das lehrt die Erfahrung, werden später gemacht. Eines ist allerdings sicher: Besser vorbereitet als Spanien wird kein Team den Trip zur Hauptrunde nach Köln antreten.
Was es heißt, nicht gerade das Herzensteam der Massen zu sein, hatten die Iberer schon an den ersten vier WM-Abenden vor Augen geführt bekommen. Gestern gab es noch einmal eine Schippe drauf. Im Gruppenfinale gegen Kroatien spielte der Europameister gegen eine rot-weiße Wand. Die Sache ging diesmal allerdings noch schief. 19:23 (10:13) mussten sich die Spanier letztlich geschlagen geben. Überschaubare zwei Punkte nehmen sie damit in die Hauptrunde mit. Und sind damit unter Zugzwang. München-Gruppensieger Kroatien (4), Deutschland und Titelverteidiger Frankreich (je 3) stehen besser da. Nach Lage der Dinge muss Spanien die drei Partien in Köln wohl gewinnen um im Rennen um die beiden Tickets für das Halbfinale in Hamburg zu bleiben.
Aber das ist eine Situation, die die das Team von Trainer Jordi Ribera kennt. Bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr in Kroatien waren die Spanier noch weit mühsamer in Tritt gekommen. Doch als es darauf ankam, waren sie da. Sehr zum Leidwesen auch der Deutschen; die im Duell mit dem Dauerrivalen ihre Hoffnungen endgültig begraben mussten.
Und Argumente gibt es ja trotz der finalen Vorrundenpleite genug, dass es wieder so kommen könnte. Die Spanier haben nach wie vor ein Abwehrbollwerk, das die Grundlage dafür war, dass sie seit 2011 bei Welt-und Europameisterschaften nur einmal nicht das Halbfinale erreichten (bei der WM 2017). Gegen die Reihe um den kantigen Paris-Legionär Viran Morros werden nicht viele Spieler einen derartigen Sahnetag erwischen wie Zlatko Horvat (7 Tore) und Zeljko Musa (6 Tore), die zusammen mehr als die Hälfte der kroatischen Tore beisteuerten.
Und nach vorne? Wir es darauf ankommen, ob der Europameister zu der gnadenlosen Effizienz zurückfindet, mit dem er im Vorjahr die kontinentale Konkurrenz entnervt hat. Gegen Kroatien war das nur phasenweise zu sehen. Am besten ging es noch dem, über die ganze Woche hinweg bärenstarken Ferran Sole. Der in Toulouse beschäftigte Rechtsaußen traf immerhin fünfmal ins Schwarze. Ganz nach dem Geschmack des Trainers. Das schnelle Spiel über die Außen „ist unser Spiel“, hatte Ribera dieser Tage erklärt.
Am Donnerstagabend war das zu wenig. Weil die die Teamkollegen nicht mithielten. Die Ausbeute war entsprechend mager. Doch: Bei 19 Toren, wie es den Kroaten gelang, werden Riberas Ensemble sicherlich nicht mehr viele Teams halten können. Kroatien immerhin ist es gelungen, was die Südeuropäer nach der Vorrunde zum Favoriten aufsteigen lässt. Doch was das aussagt, darüber kann man bekanntlich streiten. PATRICK REICHELT