Die verrückte Liga

von Redaktion

München holt einen in Berlin gefeuerten Trainer, Köln entlässt Draisaitl, als es gerade läuft

VON GÜNTER KLEIN

München – Das war ein bemerkenswert kurioses Spiel, das sich der EHC München und die Straubing Tigers am Sonntagabend lieferten. Mit vier Toren in den letzten drei Minuten. Aus Münchner Sicht: 5:3, 5:4, 6:4, 6:5. Ein steter Wechsel zwischen Erleichterung und Anspannung, der viel über den Zustand der Münchner Mannschaft aussagte: Sie spürt den Verschleiß der vergangenen Wochen, das Fehlen von Spielern, die zum Stamm gehören würden, sie wird auch beschlichen von einer leichten mentalen Erschöpfung nach dem emotional fordernden Champions-League-Halbfinale gegen Salzburg – das alles macht den EHC anfällig. Doch er steckt auch voller Bewusstsein der eigenen Stärke. Ein schneller Spielzug zur rechten Zeit – und schon bleibt der Gegner auf Distanz.

„Jetzt freuen wir uns erst einmal auf unsere Weihnachtsfeier“, sagte Verteidiger Kony Abeltshauser nach dem 6:5-Sieg in Straubing. Es war kein Witz: Früher als am gestrigen Montagabend ist der EHC nicht dazugekommen. Das letzte Mal, dass es in einer Woche nur einen Freitags- und Sonntagstermin gab, war abgesehen von der Deutschland-Cup-Pause Ende Oktober. Ebenfalls kein Witz ist, dass Patrick Hager für seinen Kniecheck in Straubing gegen Fredrik Eriksson vom DEL-Disziplinarausschuss nicht gesperrt wurde („Verfahren eingestellt“).

Schon verrückt – wie vieles, was sich gerade in der Liga tut. Zum Beispiel: Nürnberg (11.) fängt sich einen Magen-Darm-Virus ein und verliert am Freitag zuhause gegen Wolfsburg 0:7. Zwei Tage später dann: der böse Keim ist aus den Körpern, 4:2-Sieg in Krefeld (10.), die Ice Tigers hoffen wieder auf die Playoffs. Oder die Geschichte der Eisbären Berlin: 0:7 (ohne Virus) gegen Mannheim, 2:3 in Wolfsburg – ein ertragloses Wochenende zieht den vorjährigen Finalisten in den Strudel nach unten (9.). Pre-Playoff-Platz in Gefahr.

Der EHC München profitiert von der Berliner Krise. Im Dezember hatten die Eisbären ihren Cheftrainer Clement Jodoin gefeuert – gestern, sozusagen mit der nachgeholten Weihnachtsfeier – fing der Frankokandier in München an. Er wird zusätzlicher Assistent neben Matt McIlvane und dem Torhüter-Spezialisten Patrick Dallaire. Cheftrainer Don Jackson machte sich für Jodoin stark. Sie sind alte Bekannte, waren in den 90ern Assistenztrainer bei den Quebec Nordiques in der NHL. „Clement ist etwas älter als ich, er war damals mein Mentor“, sagt Jackson.

Der umgängliche Jodoin war 2017/18 bei den Eisbären Co-Trainer von Uwe Krupp. Er ist ein Mann für die Hintergrund-Arbeit, in den letzten drei Sommern arbeitete er in Sotschi in einem Eishockey-Camp. Seine Home Base: Montreal.

Er kennt natürlich Dan Lacroix, der die vergangenen vier Jahre Co-Trainer bei den berühmten Montreal Canadiens war. Ab sofort ist er Trainer der Kölner Haie, die gestern Peter Draisaitl freistellten. Einen solchen Schritt hätte man eher in den ersten Saisonwochen erwartet, jetzt überrascht er – denn die Haie sind Fünfter. Ohne eine besonders stark besetzte Mannschaft zu haben.

Lacroix soll Köln bis zum Ende dieser Saison coachen. Sollte er die Haie ins Finale führen und die Serie über sieben Spiele gehen, bekäme er aber ein Problem. Termin fürs letzte DEL-Endspiel ist der 30. April – doch schon am 29. April beginnt in Kasachstan das WM-Turnier der Division I (B-Gruppe), bei der Lacroix auch zu tun haben wird. Im Nebenerwerb ist er Nationaltrainer von Litauen.

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