Garmisch-Partenkirchen – Ein wenig intensiver waren die Aussprachen gewesen am Samstagabend. Logisch. Nach dem schwachen Super-G. Keine von sieben deutschen Damen in den Punkterängen, fünf von sieben ausgeschieden, vier an derselben Stelle. Kein Ruhmesblatt. „Wir haben uns alle darauf eingestellt, dass es kritische Worte geben wird“, sagt Kira Weidle. „Aber wir waren auch selbstkritisch. So ein Ausfall wurmt mich ja selbst am meisten.“
Interessant ist stets, wie die Reaktion auf ein solches Desaster ausfällt. In Weidles Fall gestern Mittag mit einem Paukenschlag. In der Abfahrt – der Schokoladendisziplin der Starnbergerin – preschte die 22-Jährigezum zweiten Mal in ihrer Karriere auf Platz drei, strahlte bei der Siegerehrung vom Podium. „Der Lauf war sicher nicht perfekt, aber viel besser als im Training und im Super-G“, resümiert Weidle. „Ich bin auch mit einer ordentlichen Portion Wut im Bauch gefahren.“
Einfach waren die Bedingungen nicht am Sonntag auf der Kandahar in Garmisch-Partenkirchen. Die wärmeren Temperaturen sorgten für eine deutlich schnellere Strecke. „Das hohe Tempo hat man schon gemerkt, an manche Stellen ist man ganz anders hinbekommen“, sagt Weidle. Auch an den Seilbahnsprung. Eine der Neuerungen, die im ersten Training für Ärger gesorgt hatten. Am Sonntagmittag ging er bei den ersten Läuferinnen plötzlich wieder zu weit. Die Damen segelten im hohen Bogen über die Piste, hatten Probleme. Nach der Schweizerin Corinne Suter rückte das Pistenkommando an. Abschaben, begradigen, nachbessern. Viele Minuten mussten die Läuferinnen oben warten. Auch Weidle, die zwei Nummern später an der Reihe war. „Schon ein bisschen unglücklich das alles, dass man am Renntag wieder Probleme damit hat.“ Sie formulierte die Kritik noch recht sanft. Am Ende führte der Sturz der jungen Italienerin Federica Sosio (24) sogar zum Rennabbruch. Aus Sicherheitsgründen, weil noch viele jüngere, unerfahrene Läuferinnen folgen sollten. Sosio erlitt wohl einen Unterschenkel-Bruch.
Während der Hubschrauber über der Strecke kreiste, begann im Zielraum die Siegerehrung. Ganz oben stand eine Österreicherin: Stephanie Venier (23). Der erste Weltcup-Erfolg für die Tirolerin, die quasi in der unmittelbaren Nachbarschaft, in Oberperfuß nicht mal 45 Minuten entfernt, zu Hause ist. „Für mich ist das fast ein Heimrennen, ich fahr immer gerne hier“, bestätigt sie. Familie, Freunde, Fans – alle waren da. 2017 hatte sie im Super-G schon ihr erstes Podium auf der Kandahar gefeiert.
Venier machte die den Austro-Doppelpack perfekt. Denn den Super-G am Tag zuvor hatte Nicole Schmidhofer gewonnen. Noch eine Premiere. Für die Steirerin war es der erste Sieg in dieser Disziplin. Auch ihr „taugt’s in Garmisch“.
Ganz ohne Ergebnis blieb Viktoria Rebensburg. Nach dem Ausritt im Super-G verzichtete sie schweren Herzens auf die Abfahrt. In Absprache mit den Trainern, oder – wie gemunkelt wurde – auf sanften Druck. Eine unglückliche Aktion, hatte die 29-Jährige den Fans am Vortag noch von der zweiten Chance am Sonntag erzählt. „Aber die WM ist nah, und Riesenlslalom und Super-G stehen bei ihr im Fokus“, begründet Pressemann Florian Schwarz die Entscheidung.
Es lag an Weidle, und die lieferte. Insgesamt sah’s besser aus. Vier Deutsche in den Punkten. Weit weg von einer Schmach. CHRISTIAN FELLNER