München – Als Sandro Wagner vor gut einem Jahr beim FC Bayern einen Vertrag bis Sommer 2020 unterschrieben hatte, war „eine lange Reise“, wie er erklärte, zu Ende gegangen. Eine Reise, die ihn, den gebürtigen Münchner, einst weg aus seiner Heimatstadt und von seinem Heimatverein über Duisburg, Bremen, Berlin Darmstadt und Hoffenheim nun wieder nach Hause geführt hat. Er ahnte damals noch nicht, dass er womöglich einen noch viel längeren Trip unternehmen wird, einen nach China. Der 31 Jahre alte Stürmer steht vor dem Abschied aus München. Laut verschiedenen Medienberichten will ihn Tianjin Teda mit dem früheren DFB-Trainer Uli Stielike verpflichten. Er soll bei dem Club einen, mit 7,5 Millionen Euro jährlich dotierten Vertrag ebenfalls bis 2020 bekommen und könnte somit noch in dieser Woche einen Umzug von seinem Wohnort Unterhaching in die gut eine Autostunde von Peking entfernt liegenden Hafenstadt organisieren.
Wagner war in der Winterpause vor einem Jahr für rund zwölf Millionen Euro Ablöse als Backup für Robert Lewandowski im Sturm geholt worden, und diese Rolle füllte er im ersten halben Jahr auch prima aus. In vierzehn von siebzehn Bundesligaspielen war er unter Trainer Jupp Heynckes zum Einsatz gekommen, dazu in drei Champions-League-Partien und im Pokal-Finale gegen Eintracht Frankfurt – wenngleich nur gelegentlich von Anfang an und oft nur ein paar Minuten, wenn Lewandowski geschont werden sollte. Insgesamt erzielte er in der vergangenen Saison acht Treffer für die Bayern.
Er konnte damit leben, keinen Stammplatz zu haben, denn „die Stellenausschreibung war ja klar“, sagte er. Aber wohl nicht mit der Rolle in dieser Saison. Trainer Niko Kovac berücksichtigte Wagner höchst selten und nur einmal von Anfang an, im Pokalspiel gegen den SV Rödinghausen Beim 2:1 gelang ihm auch sein bisher einziges Tor. „Es ist extrem ärgerlich, wenn Spieler, die eigentlich auf dem Platz stellen wollen und den Anspruch haben, auf die Tribüne müssen“, sagte zuletzt Leon Goretzka. „Aber es ist einfach eine geballte Qualität, die wir haben.“
Wagner ist kein einfacher Spieler, manchmal ist sein Ego größer, als es die Leistung auf dem Platz eigentlich erlaubt. Außerdem gehört er nicht zu den Profis, die sich in Floskeln flüchten, er spricht Klartext – schießt aber manchmal über das Ziel hinaus. Zum Beispiel, als ihn Bundestrainer Joachim Löw nicht für die WM berücksichtigt hatte. Als Grund dafür wähnte Wagner seine „direkte Art“ und reagierte beleidigt mit Rücktritt – nach nur acht Länderspielen.
Die Bayern werden einem Wechsel wohl zustimmen, wenn die Ablösesumme halbwegs stimmt. Mit 31 ist Wagner kein Spieler für die Zukunft beim im Umbruch befindlichen Rekordmeister. James Rodriguez, 27, wäre es dagegen schon, aber der Kolumbianer kommt derzeit bei Kovac nicht über die Reservistenrolle hinaus. Laut „Marca“ will er München am Saisonende verlassen – und allzu traurig wirken die Bayern im Moment deshalb nicht.
Ganz anders ist es bei Callum Hudson-Odoi. Dass die Münchner ihren Wunschspieler bekommen, wird aber immer unrealistischer. Der FC Chelsea bekräftigte gestern, dass sie das 18 Jahre alte Talent nicht abgeben wollen. Er werde „ganz sicher bei uns bleiben, wahrscheinlich auch im nächsten Transferfenster“, sagte Chelsea-Teammanager Maurizio Sarri. Vielleicht gehört dies aber auch nur zum Transferpoker.