Schuster tritt ab – die Familie geht vor

von Redaktion

SKISPRINGEN Der Bundestrainer hört nach elf Jahren auf – dem DSV könnte er erhalten bleiben

VON FABIAN RIESE

Oberstdorf – Nun war also wieder einmal Oberstdorf der Platz für gewichtige Worte. Dort, wo Werner Schuster normalerweise die Vierschanzentournee eröffnet, hatte er diesmal allerdings Folgenschwereres zu verkünden. Schuster hört als Bundestrainer der deutschen Skispringer auf. Der laufende Winter wird sein letzter in der Verantwortung sein. „Es war eine wahnsinnig intensive Zeit“, sagte der 49-Jährige, „Der Aufwand nicht nur von meiner Seite, sondern auch von meinem Umfeld war riesig. Jetzt ist der Zeitpunkt, eine intakte Mannschaft zu übergeben.“

Wer den Erfolgscoach nach dann elfjähriger Amtszeit beerben könnte, dazu wollte sich der Deutsche Skiverband (DSV) naturgemäß noch nicht äußern. Als heißer Kandidat wird vor allem Stefan Horngacher gehandelt. Der Österreicher, der bis 2016 schon in unterschiedlichen Funktionen mit Schuster zusammengearbeitet hatte, hat passenderweise seinen Vertrag als Chefcoach der Polen bislang auch noch nicht verlängert. DSV-Sportdirektor Horst Hüttel, der auch Schuster einst verpflichtete, winkte ab: „Stefan Horngacher steht in Polen noch unter Vertrag, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“ Auch Martin Schmitt war immer wieder in die Diskussion gebracht worden, doch der derzeitige TV-Experte erklärte, er könne sich ein derartiges Engagement derzeit (noch) nicht vorstellen.

Über einen möglichen Rückzug Schusters war in den letzten Monaten immer wieder heftig spekuliert worden. Zuletzt am Rande der Vierschanzentournee als der Österreichische Skiverband Interesse anmeldete. Dessen Sportchef Mario Stecher hatte erklärt, wenn der Schuster zu haben wäre, dann werde es sein Verband nicht am Geld scheitern lassen.

Klar scheint allerdings zu sein: Eine alternative Offerte war wohl kein Kriterium für die Entscheidung. Die Motive des Kleinwalsertalers sind vorrangig privater Natur. Vor allem seinen Söhnen Jonas (15) und Jannick (12) will Schuster zukünftig mehr Zeit widmen. „Mein Jüngster kennt mich im Winter nur aus dem Fernsehen“, hatte der scheidende Bundestrainer immer wieder gesagt. Deshalb ist es auch eine Variante in Schuster Zukunftsplanungen nach insgesamt 21 Jahren als Berufscoach für zumindest eine Saison komplett auszusetzen.

Alternativ läge eine Rückkehr ans Skigymnasium Stams nahe, wo Schuster einst auch Springer-Wunderkind Gregor Schlerenzauer mit ausbildete. Die rot-weiß-rote Wintersport-Kaderschmiede ist von seinem Wohnort Mieming nur zehn Autominuten entfernt.

Doch eine vielleicht sogar noch wahrscheinlichere Variante ist ein Verbleib beim Deutschen Skiverband in anderer Funktion – zum Beispiel in der Talentförderung. Der DSV jedenfalls vermeldete prompt, den Österreicher an Bord hallten zu wollen. „Wir sind in Gesprächen, dass es weitergeht, in welcher Position auch immer“, sagte Schuster selbst, „Da ist etwas zusammengewachsen, das ist eine interessante Option.“

Klar ist allerdings: Schusters Nachfolger wird in große Fußstapfen treten. Der Österreicher, der 2008 den gescheiterten Peter Rohwein ablöste, aus einem Trümmerhaufen wieder eine blühende Springerabteilung geformt, die fast alles gewann, was es in der Branche der fliegenden Männer zu gewinnen gibt. Nur die Vierschanzentournee und Team-WM-Gold fehlt in Werner Schusters Erfolgsbilanz. Mit Letzterem könnte es vor seinem Ausstieg als Bundestrainer Ende April allerdings durchaus noch klappen. Bei der Weltmeisterschaft in Seefeld zählt sein Ensemble zumindest zum engsten Favoritenkreis. Das bislang letzte Teamspringen in Zakopane entschied das DSV-Quartett für sich.

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