Von wegen Sparflamme

von Redaktion

„Griffige“ Kandahar als letzter Test vor der WM – Ferstl verpokert sich

VON CHRISTIAN FELLNER

Garmisch-Partenkirchen – Ein paar Befürchtungen hatte es im Vorfeld des Garmisch-Partenkirchner Herren-Weltcups schon gegeben. Was würden die Stars der Szene machen? Nach der Knochenmühle von Kitzbühel? Pause bis zur WM, die bereits am Dienstag für die Speedfahrer mit dem ersten Abfahrtstraining beginnt? Oder doch der Abstecher zum Klassiker?

Fast alle wählten die zweite Variante. Aufatmen also unter der Alpspitze. Die Rennen auf der Kandahar werden kein B-Weltcup, kein Spektakel auf Sparflamme. Bis auf Aksel Lund Svindal sind die besten Abfahrer der Welt da, um es mit der Kandahar aufzunehmen. Aber der hatte ja bereits Kitzbühel ausgelassen. „Es gibt auch 100 Punkte, und das Rennen ist wichtig für den Weltcup“, sagt etwa der Südtiroler Dominik Paris, aktuell Zweiter im Abfahrtsklassement hinter dem Schweizer Beat Feuz. Die kleine Kugel hat er lange nicht aufgegeben. „Es gibt kein Taktieren, Weltcup ist immer 100 Prozent Vollgas.“ Das sieht der Kontrahent nicht anders. „Schlussendlich ist das ein Weltcup und sicher kein einfacher. Wir sind vielleicht nicht auf der schwierigsten Strecke wie in Kitzbühel, aber vielleicht auf der strengsten ohne Licht, komplett am Schattenhang. Da heißt es, auf der Hut zu sein.“

Das erste Training gestern Mittag verlief nach Wunsch. Kein Sturz, kein Drama, kein Ärger. Fast mal etwas Neues in dieser Saison, die bis dato von Scherereien und Verletzungen übersät war. Fast eine gesamte Startgruppe fehlt mittlerweile. Neben Svindal Namen wie Kjetil Jansrud, Max Franz, Patrik Kueng, Erik Guay – Letztere haben sogar ihre Karriere vorzeitig beendet – oder eben die Deutschen Thomas Dreßen und Andreas Sander.

Tragik in einem Sport, der „seriös hinterfragt gehört“, sagt der ehemalige Athletensprecher Hannes Reichelt, der sein Amt auch aus Frust heraus abgegeben hat. „Das ist die Aufgabe der sehr gescheiten Leute bei der FIS. Wenn sie Fragen haben, dürfen sie das gerne kommen, aber sie tun es ja nicht.“ Renndirektor Markus Waldner war zum Auftakt des Weltcups in Garmisch-Partenkirchen nur froh, dass die Rennläufer „mal wieder auf Schnee fahren dürfen, nicht auf Eis. Die letzten Strecken waren wie Eislaufpisten“.

Ein Eindruck, denn die Sportler bestätigten. „Sehr griffig“ lautet die einhellige Meinung. Noch ein wenig aggressiv aufgrund des Neuschnees im oberen Teil, „insgesamt aber sehr, sehr gut präpariert“, fasst Josef Ferstl zusammen. Der ließ es im ersten Training nach seiner Streif-Sensation ruhig angehen. Ungewollt. „Ich habe mit dem Material ein wenig experimentiert“, räumt er ein. Und daneben gelangt. Er versuchte es mit dem Setup von Kitzbühel. „Geht nicht.“ Der Schuh muss in einem anderen Winkel auf den Ski, klärt er auf. Dann soll’s zeitlich wieder deutlich besser ausschauen. Ein Heimsieg – das wär’s natürlich. „Aber ich denke nicht, dass ich bereits ein Seriensieger bin. Ich bin jung, das kommt vielleicht noch.“ Nachdem Thomas Dreßen und er aber beide den Olymp von Kitzbühel bestiegen haben, reizt so ein Sieg daheim schon auch. „Wenn ich würfeln könnte, dann würde ich gerne hier gewinnen.“

Vorher muss er aber runterfahren. Die Bestmarke im ersten Training setzte der Norweger Aleksander Aamodt Kilde – der Sieger von 2016. Viel wert dürfte die Zeit aber nicht sein, da viele Rennläufer wie auch Christof Innerhofer lediglich eine „Besichtigungsfahrt“ absolvierten und von der engen Kurssetzung durchaus überrascht waren.

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