Irritationen, die nur Robben spürt

von Redaktion

Der Niederländer fehlt den Bayern weiterhin, Neuer gegen Schalke auch

VON MARC BEYER

München – „Unser Körper ist schon ein tolles Gebilde“, sagte Niko Kovac am Ende seiner Ausführungen zu Arjen Robben. Etwas so Komplexes wie einen Fußballerkörper, mit Muskelpartien, von deren Existenz ein normaler Mensch gar nichts weiß, den müsse man erst mal verstehen. „Der eine spürt früher“, wenn irgendetwas nicht stimmt, „der andere später“, berichtete der Trainer des FC Bayern. „Aber Arjen ist wie ein Seismograph. Der spürt sofort etwas.“

Das ist das Problem. Auch diese Woche hat Robben im Training wieder tief in seinen Oberschenkel hineingehorcht und dabei Irritationen wahrgenommen, die andere womöglich als hauchfein empfinden würden, die ihm jedoch eine Fortsetzung der Einheit unmöglich machten. Und deshalb ist auch jetzt, nach mehr als zwei Monaten Auszeit, noch nicht absehbar, wann die Bayern wieder auf ihren Rechtsaußen zurückgreifen können. „Er fängt immer wieder an und geht dann immer frühzeitig rein“, sagt Kovac. Inzwischen ist die Abwesenheit des Niederländers ebenso ein Dauerzustand wie die Aussicht auf die unmittelbar bevorstehende Rückkehr. „Vor einem Monat haben wir von nur noch ein paar Tagen gesprochen“, erinnerte Kovac am Freitag. Einen Monat später sind sie keinen Meter weiter.

Verletzungsgeschichten sind ein sensibles Thema, es geht um persönlichste Belange, schwierige Diagnosen und immer auch um die Balance zwischen öffentlichem Interesse und ärztlicher Schweigepflicht. Bei Robben fühlte sich die Öffentlichkeit trotzdem zu jedem Zeitpunkt transparent und verlässlich informiert. Bei Manuel Neuer ist das anders. Inzwischen zeichnet sich zwar ab, dass seine Daumenblessur schmerzhaft, jedoch nicht dramatisch ist. Darüber hinaus aber herrscht immer noch Unklarheit. Weder konnte Kovac am Freitag die Art der Verletzung konkretisieren noch ihre Entstehung.

Das Bundesligaspiel am Samstag gegen Schalke 04 wäre unter normalen Umständen ein Pflichttermin für Neuer, den gebürtigen Gelsenkirchener und ewigen Fan. Zehn Tage vor der Partie beim FC Liverpool aber horcht der Schlussmann in seinen Körper so penibel hinein, wie es sonst vielleicht nur Arjen Robben schafft. Die letzte Entscheidung liege „immer beim Spieler“, erinnert Kovac. Für den Samstag bedeute dies, dass man „wahrscheinlich eher nicht“ mit Neuer planen könne.

Wahrscheinlich wird der Trainer auch eher nicht auf Jerome Boateng zurückgreifen, zumindest nicht als Alternative zu Mats Hummels. Dessen jüngste Unsicherheiten, am gravierendsten beim Pokalsieg in Berlin, sprechen zwar nicht gerade für ihn, könnten ihm umgekehrt aber einen Platz in der Startformation sogar noch sichern. Sein Trainer verweist darauf, „noch nie einen Spieler nach einem Fehler rausgenommen“ zu haben. Abgesehen davon, dass er solche Maßnahmen als populistisch empfindet, sieht Kovac auch keinen fachlichen Nutzen: „Das fördert bestimmt nicht das Selbstvertrauen.“ Es sei ja nicht so, dass „Mats in zehn Spielen einen Fehler gemacht“ habe. Jetzt seien ihm halt mal zwei in Serie unterlaufen: „So what?“

In den ersten Monaten seines Engagements bei den Bayern wurde dem Trainer nachgesagt, von Hummels nicht maximal überzeugt zu sein, während er für den Verbleib Boatengs vehement kämpfte und ihn gerade im Herbst auch fleißig einsetzte. Seit Ende der Winterpause ist es genau umgekehrt: Hummels hat wieder einen Stammplatz, Boateng hingegen exakt noch eine Minute gespielt. Vielleicht kommt er gegen Schalke oder am Freitag in Augsburg mal wieder zum Einsatz, damit Niklas Süle (oder nach einem fehlerfreien Spiel auch Hummels) eine Pause erhält. Aber dass der Trainer so kurz vor Liverpool die Defensive tiefgreifend umbaut, ist nicht zu erwarten. Dafür ist so eine Innenverteidigung ein zu komplexes Gebilde.

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