München – Neulich gegen Göttingen war Nemanja Dangubic mal unter dem Korb gefragt. Die Kollegen taten sich dort schwer mit den unbequemen Niedersachsen. Und so packte der 2,04-Meter lange Serbe eben zu. Neun Abpraller griff er ab, mit Abstand mehr als jeder andere an diesem Tag.
Das war ein Auftritt, der kaum besser passen könnte zu der Rolle, die Dangubic bei den Bayern spielt. Und die er auch heute spielen soll, wenn die Münchner im Bundesliga-Topspiel beim Tabellenzweiten aus Oldenburg ran müssen (18.30 Uhr/Sport1). Der 25-Jährige spielt da, wo er gebraucht wird – und das tut er zunehmend effektiv. Gut genug jedenfalls, dass sich auch Trainer Dejan Radonjic eines seiner raren Einzel-Lobe abringt: „Er spielt gut jetzt.“
Das hatte man so lange nicht unbedingt absehen können. In der ersten Saisonphase war der schlacksige Mann aus Pancevo meist eher als Unsicherheitsfaktor in Erscheinung getreten. Kritik machte bereits die Runde, der Deutsche Meister könnte mit der späten Verpflichtung eine der gerade für die Euroleague so wertvollen Ausländerlizenzen verschleudert haben.
Doch der Club bewies Geduld. „Damit sind wir bis jetzt immer besser gefahren“, sagte Geschäftsführer Marko Pesic, „manch anderer hätte ihn am Anfang der Saison wieder ausgewechselt.“ Doch nun ist alles anders. Dangubic ist eine feste Größe im sportlichen Konstrukt des Euroleague-Neunten.
„Ich habe meine Rolle gefunden und angenommen“ – Dangubic wirkt fast erleichtert, wenn er das sagt. Sein Job sind die vielen kleinen Dinge im Angriff und vor allem in der Defensive, die auch der zahlenverliebte Basketball nur bedingt statistisch erfasst. Im Rampenlicht stehen andere, aber das stört den stillen Serben nicht.
Und nicht nur mit der Rolle, auch mit der neuen Umgebung hat der Mann sich angefreundet, der 2014 in der zweiten Runde von den Philadelphia 76ers gedraftet worden war. Die gelegentlichen Besuche aus der Heimat werden den Schritt ins erste Auslandsengagement erleichtert haben. Im November waren die Eltern da, und seine Freundin schaut aus Belgrad vorbei, wann immer es sich irgendwie einrichten lässt.
Doch vor allem hat die Entwicklung vom Wackelkandidaten zur festen Größe sicher mit Dejan Radonjic zu tun. Der Bayern-Coach kannte den langen Fleißarbeiter aus gemeinsamen Tagen bei Roter Stern Belgrad. Auch deshalb nahm er ihn im Sommer als Gastspieler ins Trainingslager mit. Und Radonjic wusste auch um dessen Schwierigkeiten. Wegen einer komplizierten Knieverletzung hatte Dangubic in der vergangenen Saison monatelang pausieren müssen. Der Münchner Meistermacher schenkte dem Sorgenkind jedenfalls eisernes Vertrauen. Und der zahlt längst zurück, und mit jedem guten Spiel wächst merklich das Selbstbewusstsein. Auch Euroleague-Topfavorit Fenerbahce Istanbul hat das kürzlich zu spüren bekommen. Die Königsklassen-Sternstunde der Bayern war auch seine Sternstunde – wovon nicht zuletzt die elf Punkte zeugen, die er dem Starensemble vom Bosporus beim 90:86 nach doppelter Verlängerung einschenkte.
„Dass ich den Trainer und seine Ideen kannte und dass er mit Vertrauen gegeben hat, hat mir sicher geholfen“, sagte Dangubic. Und er glaubt, dass schon in dieser Spielzeit noch mehr möglich ist: „Ich muss mich noch weiter entwickeln.“
Wobei dieser Nemanja Dangubic seinen Teamkollegen immerhin eine Sache schon voraus hat. Wie Radonjic weiß auch er schon, wie es sich anfühlt, in der Euroleague in den illustren Kreis der Playoff-Teams vorzustoßen. 2015/16 haben beide zusammen dieses Kunststück mit Roter Stern Belgrad vollbracht.