München – Am Mittwoch erst hat Marco Hiller, 21, mal wieder ein Spiel des TSV 1860 aus einer Perspektive verfolgt, die er zuletzt nicht mehr kannte: von der Ersatzbank aus. Beim Testspielsieg gegen den SSV Ulm (1:0) durfte Hendrik Bonmann das Tor der Löwen hüten. Am Montagabend (19 Uhr), im Drittliga-Heimspiel gegen Aalen, werden die zwei Keeper wieder tauschen – nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Im Anschluss an das Ulm-Spiel hat sich Hiller, der seit 2008 für die Löwen spielt und noch bis 2021 unter Vertrag steht, Zeit genommen, um zu sprechen: über das Torhüter-Duell im Verein, die Torhüter-Herausforderungen in der 3. Liga – und seinen Torhüter-Einfluss auf die Feldspieler.
Herr Hiller, wissen Sie auswendig, wie oft Sie in dieser Drittliga-Saison schon zu Null gespielt haben?
Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht.
Viermal – wenn man den 2:0-Sieg gegen Cottbus mitzählt, als sie eingewechselt wurden. Zufrieden?
Es ist die erste Saison in der 3. Liga, da hat man keinen Vergleichswert. In der Regionalliga waren es natürlich deutlich mehr, aber da war auch die Qualität der Gegner ganz anderes. Ich sag’ mal so: Mehr geht immer.
Was hat sich für Sie als Torhüter in der 3. Liga verändert?
Das Tempo an sich. Und wenn der Gegner mal vor dem Tor ist, kannst du nicht fünfmal den Ball halten. Da braucht der Stürmer ein, zwei Aktionen, dann trifft er auch. Die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor ist anders. Und natürlich hat auch der Abschluss eine ganz andere Qualität.
Mussten Sie etwas in Ihrem Spiel umstellen?
Im Spielaufbau habe ich noch weniger Zeit, weil ich jetzt schneller angelaufen werde. Der erste Kontakt ist entscheidend.
Sie gehören zu jenen Spielern, die hier in Giesing als „Aufstiegshelden“ gefeiert werden. In der Relegation hüteten Sie das Tor. Im Sommer aber hat Daniel Bierofka Hendrik Bonmann zur Nummer eins gemacht. Wie haben Sie das aufgenommen?
Natürlich war ich enttäuscht. Aber es bringt nichts, sich daran aufzuhängen. Du kannst eine Woche sauer und traurig sein, dann musst du aber weiter Gas geben. Man sagt ja immer, dass es schnell gehen kann im Fußball – und so war es dann auch. Es war ein kurzer Dämpfer, lange habe ich mich damit aber nicht befasst.“
Am sechsten Spieltag verletzte sich Bonmann, seitdem sind Sie die Nummer eins, obwohl er wieder fit ist. Glauben Sie, das bleibt so bis Saisonende?
Das ist auf jeden Fall mein Ziel. Ich versuche, gute Leistungen zu bringen und dem Trainer keinen Grund zum Wechseln zu geben.
In der Hinrunde hatten Sie nach Bonmanns Verletzung keinen Konkurrenten. Jetzt könnte der Trainer jede Woche wechseln. Wie wirkt sich das auf Sie aus?
Anders war es in der letzten saison ja auch nicht. Da war der Henne [Bonmanns Spitzname; d. Red,] ab der Rückrunde wieder fit. Ich weiß natürlich, dass ich jede Woche und jedes Wochenende 100 Prozent geben muss, weil da ein anderer guter Mann hinter mir ist. Das pusht einen. Du darfst nicht weniger machen, sonst sitzt du gleich wieder draußen.
Neulich haben Sie und Hendrik Bonmann im Training gegeneinander aufs Tor geschossen, Eins-gegen-Eins. Sie haben viel gelacht. Wie verstehen Sie sich?
Das ist eine geile Spielform, die wir im Torwarttraining machen. Jeder will gewinnen, aber da ist auch viel Spaß dabei. Wir verstehen uns sehr gut – das merkt man auch, denke ich.
Es ist berichtet worden, dass Ihr Vertrag, eine Klausel enthält: Wenn Sie 20 Spiele erreichen, können Sie für eine festgeschriebene Ablösesumme wechseln. Können Sie das bestätigen?
Was in meinem Vertrag steht, steht in meinen Vertrag. Die, die es wissen müssen, wissen es auch.
Als Torwart sehen Sie das Spiel aus einer anderen Perspektive. Was ist Ihnen aufgefallen? Was könnte besser sein?
Defensiv standen wir im letzten Spiel [1:1 in Uerdingen; d. Red.] wieder stabiler, jeder ist in die Zweikämpfe reingeflogen. Vorne ist es oft der letzte Pass, der fehlt. Daran müssen wir arbeiten. Dann schießen wir auch wieder mehr Tore.
Wie können Sie Einfluss nehmen auf das Spiel nehmen – außer mit Paraden?
Ich coache die Abwehrkette. Wenn zum Beispiel ein Gegner von mir aus gesehen auf der rechten Seite reingelaufen kommt, sage ich: „Rechte Schulter“. Wenn mir etwas auffällt, kann Kommandos an die Kette geben, die geben das dann weiter an die Sechser. So geht das bis zum Stürmer.
Sie haben noch 15 Ligaspiele vor sich. Wie oft wollen Sie noch zu Null spielen?
Ich will mir da kein festes Ziel setzen. Einfach so oft wie möglich.
Interview: Christopher Meltzer