Augsburg – Am Anfang ging es sogar dem Stadionsprecher zu schnell. Als der Ball schon ins Tornetz gerollt war, schaltete er das Mikrofon ein – und seine Stimme überschlug sich, als er den Fans in der Augsburger Arena mitteilte, dass gerade einmal 16 Sekunden vergangen waren. Wer das jedoch überprüfte, stellte fest: Es waren sogar nur zwölf Sekunden gewesen, die die Fußballer des FC Augsburg für das 1:0 benötigt hatten. Kostantinos Stafylidis passte präzise in die Tiefe, Philipp Max passte scharf in die Mitte, wo Leon Goretzka den Ball ins eigene Tor stolperte. Der allererste Spielzug des Abends ging nämlich nicht nur dem Stadionsprecher zu rasant, sondern auch der Abwehr des FC Bayern, die das schnellste Eigentor der Bundesliga-Geschichte kassierte.
Es hat ein paar Minuten gedauert, dann haben sich die Bayern aber doch noch an die Bundesliga-Geschwindigkeit angepasst. Sie haben sich zwar mal wieder Fehler geleistet, die der FC Liverpool am Dienstagabend im Achtelfinale der Champions League bestimmt bestrafen wird. Sie haben aber eben auch ein ziemlich schwieriges Auswärtsspiel gedreht, 3:2 (2:2) gewonnen – und zumindest bis Montag ihren Rückstand auf Dortmund auf zwei Zähler verkürzt.
„Mit dem Spielaufbau war alles super, aber die Gegentore waren Wahnsinn. Da kann man als Torwart nicht viel machen.“, erklärte Manuel Neuer und fügte hinzu: „Liverpool ist eine offensivstarke Mannschaft. Wir müssen besser stehen und eine sehr gute Aufteilung haben.“
Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell sich die Umstände im Profifußball verändern können. Man muss sich nur zurückerinnern, an jenen Dienstag Ende September, als der FC Bayern und der FC Augsburg zum ersten Mal in dieser Saison aufeinandertrafen. Als der Trainer Niko Kovac Leon Goretzka als Linksverteidiger aufstellte und Arjen Robben, der damals das 1:0 schoss, gemeinsam mit Sandro Wagner stürmen ließ. Als der Trainer Manuel Baum seine Verteidigung mit Jeffrey Gouweleeuw und Martin Hinteregger besetzte, sein Mittelfeld mit Daniel Baier und seinen Angriff mit Caiuby. Das Spiel ging damals 1:1 aus, die Bayern waren danach Tabellenerster, die Augsburger Zwölfter.
Vermutlich hätten die beiden Vereine diesen Zwischenstand ganz gerne bis zum 34. Spieltag konserviert, doch schon vor dem Rückspiel an diesem 22. Spieltag haben sich die Umstände eben geändert. In den Monaten seit dem 1:1 ist in beiden Clubs viel durcheinandergewirbelt worden – was man nun an den Startformationen der Trainer erkennen kann. Niko Kovac traut sich nicht mehr, Goretzka als Linksverteidiger aufzustellen, inzwischen hat er ihm einen festen Platz im zentralen Mittelfeld zugeteilt. Und in der Spitze hat er weniger Alternativen, weil Robben seit November verletzt fehlt und Wagner sich sein Millionengehalt endlich mit regelmäßigen Einsätzen verdienen möchte, in China. Manuel Baum musste erst Hinteregger und Caiuby suspendieren – und am Freitagabend spontan auch Gouweleeuw (verletzt) und Baier (gesperrt) ersetzen.
In Augsburg zeigte sich an diesem Abend dann auch, wie schnell sich die Umstände in einem einzelnen Fußballspiel verändern können. Zweimal gerieten die Bayern in Rückstand. Erst durch ein Eigentor, dann durch einen strammen Schuss von Dong Won Ji (23.). Zweimal aber schlug der flinke Kingsley Coman zurück. Beim 1:1 vollstreckte er eine Kimmich-Flanke mit einem Volleyschuss (18.), beim 2:2 schoss er Augsburgs Keeper Gregor Kobel einfach fest durch die Beine (45.+3). Und es war schließlich Comans Partner auf der linken Seite, David Alaba, der das Spiel mit seinem Schuss in der 53. Minute endgültig drehte. Sie hatten allerdings genug Chancen, um doppelt so viele Tore zu schießen.
In Augsburg hat Kovac übrigens die Elf aufgestellt, der er wohl auch gegen Liverpool vertrauen wird – inklusive Manuel Neuer. Es war für den Torhüter bei seinem Comeback einer jener Abende, an denen er jeden Schuss, der auf sein Tor kam, nicht aufhalten konnte. Das dürfte sich aber schon am Dienstag ändern.