Familientreffen im Tirolberg

von Redaktion

Viktoria Rebensburg feiert ihre Silbermedaille ausgiebig und sorgt für Erleichterung im DSV

VON ELISABETH SCHLAMMERL

Are – Es war schon spät, für Viktoria Rebensburg an ihrem letzten Abend in Are eigentlich zu spät, Ihre Abreise aus Schweden war für kurz nach 7 Uhr am nächsten Morgen geplant, aber „ein kleines Bierchen“ musste schon noch sein, wie sie nach dem Riesenslalom bei der alpinen Ski-WM angekündigt hatte. Der Ärger über das im Schlussteil noch vergebene Gold war schnell verflogen. „Ich fliege als glücklicher Mensch heim. Es ist definitiv eine gewonnene Silbermedaille“, sagte die 29 Jahre alte Kreutherin, als sie zwei Stunden nach der Siegerehrung im „Tirolberg“ gut gelaunt eintraf. Dort, am Ufer des Are-Sees, werden natürlich am liebsten österreichische Sieger gefeiert, aber es sind auch alle anderen Medaillengewinner willkommen.

So viel sei gesagt, Rebensburg gönnte sich nach ihrem vierten Edelmetall bei Großereignissen noch ein zweites Bierchen. Nach den Buchteln zum Nachtisch gab’s noch ein „Schnapserl“, wie der Wirt im „Tirolberg“ sagte, als er eine mit Hochprozentigem gefüllte Flasche an den Tisch brachte. Zu der kleinen Silber-Party hatten die deutschen Skirennläuferin nicht nur alle Trainer und Betreuer begleitet, sondern auch die Slalom-Kolleginnen, die am Samstag ihren letzten WM-Auftritt in Are haben.

Felix Neureuther war dagegen schon da, als Rebensburg um halb zehn Uhr eintraf. Zusammen mit der Familie gönnte er sich drei Tage vor seinem wohl letzten großen Rennen, dem Slalom, einen gemütlichen Abend in Österreichs WM-Dependance. Es gab eine herzliche Umarmung jener beiden Skirennläufer, die seit Maria Höfl-Riesch‘ Rücktritt die Medaillen-Bürde des Deutschen Skiverband fast allein zu schultern haben. Vor zwei Jahren in St. Moritz war Rebensburg leer ausgegangen, damals blieb alles an Neureuther hängen, und er lieferte im letzten Rennen unter schwierigen Bedingungen zuverlässig ab. Nun legte die Olympiasiegerin von 2010 vor und sorgte nach zehn medaillenlosen Tagen in Are beim DSV für Erleichterung. „Nicht ohne Edelmetall heimzukommen“, sagt Alpinchef Wolfgang Maier, „das ist uns schon ganz wichtig. Gottseidank haben wir jetzt diese Medaille.“

Aber womöglich hat sich Neureuther nicht nur mit Rebensburg gefreut, sondern auch ein bisschen für sich selbst. Denn zumindest ist er die Sorge los, wieder einmal Ski-Deutschland retten zu müssen. Er hat in seiner Comeback-Saison nach dem Kreuzbandriss mit vielen Wehwehchen und Problemen zu kämpfen, scheint weit weg davon zu sein, noch einmal um Edelmetall mitkämpfen zu können am Sonntag.

Auch Rebensburg fehlte in diesem Winter die Leichtigkeit. Den zwei Podestplatzierungen in ihrer Lieblingsdisziplin Riesenslalom standen bisher auch zwei Ausfälle gegenüber. Aber vor ihrer letzten Chance bei diesen Titelkämpfen, die als Vierte im Super-G mit sieben Hundertstelsekunden Rückstand auf die Siegerin, so unglücklich für sie begonnen hatte, war die Souveränität zurück. Sie schaffte, was ihr in dieser Saison bisher oft nicht so gut gelungen war: „Mental gut aufgestellt“ sei sie für das Rennen gewesen, sagte Rebensburg. „Ich war null nervös und habe die schöne Atmosphäre genossen. Es ist alles in die richtige Richtung gelaufen.“

In Are, dort wo vor zwölf Jahre Rebensburgs Karriere begonnen hatte. Als Siebzehnjährige war sie damals auf Anhieb auf Platz acht gefahren. „Das ist eine coole Geschichte“, findet sie. „Are ist definitiv ein spezieller Platz für mich. Ich liebe diesen Ort.“ Dass sich hier in Schweden für sie ein Kreis schließt, ist aber kein Grund, schon noch dieser Saison über ein Karriereende nachzudenken. Sie mache schon noch ein bisschen weiter, sagte sie. Wie lange, damit wollte sie sich in Are aber nicht beschäftigen.

Cheftrainer Jürgen Graller hat noch ein großes Ziel. „Mein Steckenpferd“ sei es, sagt der Österreicher, Rebensburg im Super-G nach ganz vorne zu bringen. Wie maßgeschneidert sei diese Disziplin für seine Vorfahrerin. „Wenn sie im Kopf bereit ist, sehe ich im Super-G nicht wirklich so viele, die ihr den Platz an der Sonne streitig machen können.“ Rebensburg wollte davon am Donnerstagabend aber erst einmal nichts wissen. Sie gönnt sich nun eine kleine Pause und verzichtet auf den Weltcup am nächsten Wochenende in Crans-Montana.

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