ZWISCHENTÖNE

Kohle ist zum Verbrennen da

von Redaktion

All jenen, die für Fußball im Fernsehen noch immer partout nicht zahlen wollen (und deshalb schmollend auf Bayerns Spiel des Jahres an der Anfield Road verzichten mussten), ist bestimmt ein Trost, dass sie inzwischen einen prominenten Fürsprecher haben. Karl-Heinz Rummenigge ist zwar bisher recht selten als Kämpfer für die Rechte der Fans aufgefallen, hat aber inzwischen verstanden, dass die Champions League unbedingt wieder zurück ins Free-TV muss. Darüber sollte man sich freuen, Kalles Wort wiegt schwer im europäischen Klubfußball. Dass es ihm bei seiner Forderung aber nicht unbedingt um die Nöte der Fans geht, war zu befürchten. Viel wichtiger sind ihm selbstverständlich die Belange der Sponsoren, die so viel Geld in den Fußball pumpen, dass sie das unbedingte Recht haben sollten, ihre Werbebotschaften auch in Haushalte ohne Pay-TV blasen zu dürfen.

Rummenigges Angst ist, sie könnten sonst irgendwann die Lust verlieren und ihre Gelder anderswo investieren. Was ziemlich bitter wäre für die großen Klubs wie seinen FC Bayern, der dann noch neidischer auf die britische Insel blicken müsste, wo die Bereitschaft traditionell größer ist, für Fußball im Fernsehen zu bezahlen. Es ist auch verdammt schwierig geworden, immer noch mehr Geld aufzutreiben, um sich dann auch mal einen Transfer im dreistelligen Millionenbereich leisten zu können.

Der Standort Deutschland ist da schon ein gewaltiger Nachteil. Weil hier alles hinterfragt wird, kritisiert und bejammert. Noch immer wird Rummenigge diese blöde Geschichte mit den nicht verzollten Rolex-Uhren nicht los und Uli Hoeneß wäre bestimmt in anderen Ländern glimpflicher davongekommen wegen der paar Millionen nicht bezahlter Steuern. Und selbst den ehrenamtlichen Funktionären des DFB gönnt man hierzulande nicht, wenn sie ihre Sitzungen mal nicht in Frankfurt, sondern in Rio abhalten oder 140 Leute auf DFB-Kosten zur EM nach Klagenfurt jetten, wofür inklusive Rahmenprogramm schlappe 440 000 Euro veranschlagt waren, wie der Spiegel neulich berichtete und weitere „Lustreisen und Saufgelage“ aufzählte, die sich die DFB-Spitze „auf Kosten ihrer Mitglieder“ geleistet haben soll.

Ob der Trip nach Brasilien nun 370 848 Euro oder, wie der DFB relativiert, „nur“ 287 304,35 Euro gekostet hat, so oder so hätte es, nach guter deutscher Sitte, einen gewaltigen Aufschrei geben müssen, wie ein gemeinnütziger Verband mit Geld umgeht, das seine Basis so dringend brauchen könnte. Irgendwann aber stumpft selbst der härteste Kritiker ab. Im Fußball wird so viel Geld verdient, versteckt, verschoben und verbrannt, dass einen nichts mehr überrascht, auch nicht, dass ein aktueller und ein ehemaliger Sportdirektor laut Spiegel für eine intime Feier Bewirtungskosten über 1000 Euro, 348 davon für zwei Flaschen Wodka, beim DFB einreichen.

Wie auch sollten sie, die in dieser Branche tätig sind, noch Relationen kennen, wenn dort nur noch mit Millionen jongliert wird? Aber dass in diesem Business allein die reine Gier regiert, stimmt so auch wieder nicht, wenn wir auch folgendes dem Spiegel glauben können: Da soll der DFB auf einen Sponsorendeal über 60 Millionen verzichtet haben, weil er mit einem Konkurrenten verbandelt ist. Da sage noch einer, dass Freundschaft nichts zählt im Fußball und dass es nur noch um Kohle geht.

Ist schon alles ein bisschen widersprüchlich, aber das sollte uns nicht grämen. Im Gegenteil, wenn es Rummenigge wirklich schafft, die Champions League wieder ins Free-TV zu bugsieren, werden wir ihm in Dankbarkeit zutiefst verbunden sein. Selbst wenn auch das nur das Resultat von Überlegungen gewesen sein sollte, noch mal mehr Kohle für den Profifußball zu generieren.

Von Reinhard Hübner

Nach diesem zweifelhaften Motto wird längst nicht nur beim DFB gehandelt

Artikel 11 von 11