München – Vor ein paar Jahren hat Andreas Preuß es zum ersten Mal versucht. Er wollte unbedingt nach München – und in einer Stadt, die er für sehr sportverrückt hält, eine Sportart vorführen, die es dort auf höchstem Niveau nicht zu sehen gibt. Preuß verhandelte mit dem FC Bayern, dem gefiel, was er hörte. Nur konnte selbst der mächtigste Club in München damals nicht arrangieren, woran Preuß’ Projekt letztlich scheiterte: an einer freien Halle, die nicht zu groß, aber auch nicht zu klein ist.
Als Manager trifft Preuß, 56, nun seit 1994 alle wichtigen Entscheidungen beim Tischtennisverein Borussia Düsseldorf. Zwischenzeitlich war er sogar mal Cheftrainer (1999 bis 2006), weshalb es sehr viel mit ihm zu tun, dass die Borussia ihre Position als Marktführer im deutschen Tischtennis seit 1994 verfestigt hat. 71 Titel hat Düsseldorf eingesammelt. Da kann der FC Bayern nicht mithalten. In ihrer Rolle als Vorreiter sind Preuß und die Borussia in den vergangenen Jahren immer wieder durchs Land gezogen. Sie haben ihre Heimspiele schon in Hamburg, Frankfurt oder Ulm ausgerichtet. Und nun erfüllen sie sich auch einen alten Wunsch. An diesem Samstag (ab 18 Uhr) richten sie das Bundesliga-Spitzenspiel gegen den punktgleichen Tabellenführer TTF Liebherr Ochsenhausen in München aus. Im Audi Dome im Westpark, wo sonst eigentlich die die Basketballer des FC Bayern spielen. Es sollen mehr als 4000 Zuschauer kommen.
Es besteht eine alte Verbindung zwischen dem Tischtennisclub aus Düsseldorf und dem FC Bayern. Sie waren beide geschäftlich mit dem Kraftfahrzeughersteller Opel verbandelt. Der frühere Aufsichtsratvorsitzende von Opel, Hans Wilhelm Gäb, pflegte Kontakt mit den Bayern-Bossen – und weil er, der ehemalige Tischtennisnationalspieler, zugleich Verwaltungsratsvorsitzender von Borussia Düsseldorf ist, setzte sich der Austausch der Vereine auch ohne Opel fort. Das sieht man jetzt auch wieder. Von den Einnahmen will die Borussia 10 000 Euro an an den Verein „Kinderhilfe Organtransplantation“ spenden, mit dem auch der FC Bayern zusammenarbeit.
Es ist aber nicht nur die alte Verbindung, die die Düsseldorfer antreibt. Neulich hat Manager Preuß gesagt: „Wir als Marktführer denken, dass wir Botschafter unseres Sports sind.“ Natürlich sei sein Verein kein Messias, wenn aber Timo Boll, der Starspieler der Borussia, irgendwo auftrete, setze das schon „einen intensiven Impuls“. In München, das betonte Preuß nun, gehe es auch darum, eine Stadt mit „vielen Tischtennisvereinen“ und einem „tatkräftigen Landesverband“ und einem Nachwuchsstützpunkt zu belohnen. Im Alltag gibt es in München nämlich nur zwei Viertligisten,darunter den FC Bayern.
Wenn sich an diesem Samstag aber Düsseldorf und Ochsenhausen duellieren, gibt es in München die Weltklasse des Sports zu sehen. Von den besten 35 der Weltrangliste werden sechs Profis antreten. Für Düsseldorf spielen Timo Boll (Nummer 5), die Schweden Kristian Karlsson (30) und Anton Källberg (123), der Inder Kamal Achanta (33) und der Ägypter Omar Assar (44). Für Ochsenhausen der Brasilianer Hugo Calderano (6), Woojin Jang (11), der Franzose Simon Gauzy (31), der Österreicher Stefan Fegerl (64) und der Pole Jakub Dyjas (69). Preuß sagt zu Spiel und Spielort: „Das hat ein bisschen was von Finale.“
Im Vorjahr hat Düsseldorf Ochsenhausen im Finale der Meisterschaft und im Halbfinale der Champions Leauge besiegt. Jetzt aber sei der Herausforderer noch „viel stärker geworden“, sagt Preuß, „mindestens auf Augenhöhe, wenn nicht sogar leichter Favorit.“ Für das große Event in München haben sich die Düsseldorfer daher besonders vorberietet. Am Donnerstag trafen sie sich im Odenwald, wo Timo Boll wohnt. Sie trainierten dort, übernachteten auch, ehe sie nach München aufbrachen – in eine Stadt, in der auch Boll noch nie gespielt hat. CHRISTOPHER MELTZER