Kartentricks und zugenähte Hosentaschen

von Redaktion

Vor Michael Wolfs letzten Playoffs erzählen seine Mitspieler beim EHC München ihre liebsten Anekdoten

München – In der Nische mit der Nummer 13 herrschte am Montag Ordnung. Die Schlittschuhe waren aufgehängt, geputzt natürlich, der Helm und die dicken Handschuhe in einem Ablagefach verstaut. An einem Haken baumelten Schoner und Schützer, die ein Eishockeyspieler halt so benötigt. Nur Michael Wolf, der Besitzer der Nische, fehlte.

Dort, an seinem Platz in der Umkleidekabine des EHC Red Bull München, umgeben von seinen Mitspielern, abgeschottet von den Kameras, fühlt sich Wolf am wohlsten. Am Montag, zwei Tage vor dem Start ins Viertelfinale der Deutschen Eishockey-Liga (heute Abend, 19 Uhr, in München gegen die Eisbären Berlin), durften die Reporter und die Fotografen mal in die Kabine, der Verein hatte sie eingeladen. Und natürlich stürzten sie sich auf Wolf, der zwar einer der besten Spieler ist, die das deutsche Eishockey je hervorgebracht hat, aber gewiss nicht einer der freudigsten Redner. Er mag es nun mal nicht, im Mittelpunkt zu stehen, gerade führt daran aber kein Weg vorbei. Wenn die Playoffs vorüber sind, wird Wolf, 38, seine Karriere beenden. Er wird die Kabine, den Ort, der für viele Jahre seine Heimat war, verlassen. Es haben sich in diesem Raum viele lustige Geschichten ereignet. Michael Wolf, der Vorzeigesportler, der am liebsten schweigt, wird sie vermutlich nie erzählen. Wir haben daher seine Teamkollegen gefragt – nach ihren liebsten Michael-Wolf-Geschichten. Ein Überblick.

Die Kunst des Kartenspielens

„Er ist der beste Kartenspieler, mit dem ich jemals in einer Eishockeymannschaft zusammengespielt habe. Jetzt fliegen wir ziemlich oft, spielen also nicht mehr so viel. In der Nationalmannschaft früher haben wir früher aber gespielt. Lupfen oder auch Poker. Er hat sehr vielen jungen Spielern das Geld geraubt. Ich hoffe, er zahlt das irgendwann zurück.“ (Erzählt von Yannic Seidenberg)

Die Zeremonie, die ihm peinlich war

„Nach dem letzten Spiel der Hauptrunde haben wir, die Spieler, Wolfi ein Geschenk überreicht. Und wie er halt so ist, hat er sich erst mal für die Zeremonie entschuldigt, die der Verein vor dem Spiel für ihn organisiert hat. Er dachte, sie hätte uns zu sehr abgelenkt und glaubte, wir hätten deswegen das Spiel verloren. Da haben wir nur gelacht. So ist er aber: Er stellt die Mannschaft immer über sich.“ (Erzählt von Derek Joslin)

Running Gag im Videoraum

„Wir arbeiten ja wahnsinnig viel mit Videos. Es hat sich so eingebürgert, dass wir von jedem Spiel die Tore anschauen, die wir geschossen haben. Wir bewerten sie dann ganz nüchtern: Ja, sehr guter Pass, schön geschossen, irgendwie so. Sobald aber ein Videoclip kommt, wo Michi Wolf ein Tor schießt, springt die ganze Mannschaft auf und klatscht. Selbst wenn es nur ein Schuss ins leere Tor ist, schreien alle: Wow, wow, wow, Wolfi, wie hast du den denn reingehauen. Das ist über die Jahre extremer geworden. Früher war es bei ihm nur ein Klatschen im Hintergrund, jetzt springen alle auf und rasten aus. Er schüttelt dann meistens nur mit dem Kopf, läuft ein bisschen rot an, weil er das gar nicht will. Es ist immer witzig, zu sehen, wie er sich mehr und mehr auf seinem Platz verkriecht.“ (Erzählt von Konrad Abeltshauser)

Aberglaube im Hotelzimmer

„Der Wolfi und ich sind Roomies, teilen uns also auf Auswärtsfahrten immer ein Zimmer. Das Kuriose ist: Der Wolfi muss immer auf der rechten Seite schlafen. Wenn in einem Hotelzimmer also zwei Betten stehen, muss er das rechte haben. Ich weiß bis heute nicht genau, warum das so ist.“ (Erzählt von Mads Christensen)

Der Meister der Streiche

„Mit dem Wolfi hab’ ich immer viel Spaß. Ab und zu spielen wir uns Streiche. Ich habe mal seine Socken aufgeschnitten, vorne, an der Spitze. Als ich dann das nächste Mal in die Kabine gekommen bin, waren meine Hosentaschen zugenäht. Er kann also gut nähen – und schnell. So einen Firlefanz machen wir immer. Er spielt gerne Streiche – und zwar ziemlich gut.“ (Erzählt von Frank Mauer)

Angst vorm großen Jubel

„In meinem ersten Jahr hier im Verein hat Wolfi im Spiel gegen Berlin in der Verlängerung das Siegtor geschossen. Wir sind dadurch ins Finale eingezogen. Aber Wolfi hat gar nicht gejubelt. Es sah fast so aus, als wäre er sauer. In Wirklichkeit hatte er damals aber nur Angst, dass wir uns alle auf ihn schmeißen. Er wollte von uns nicht zerdrückt und zerquetscht werden. Dann hat er lieber nicht gefeiert. Das ist eine von den Geschichten, die ich erzählen darf.“ (Erzählt von Derek Joslin)

Roter Teppich in der Kabine

„Der Wolfi ist der einzige Spieler, der am Spieltag einen roten Teppich vor seinem Platz liegen hat. Wir haben in der Kabine so rote Matten vor unseren Plätzen. Aber der Wolf–Michi hat schon immer in seiner Karriere ein rotes Handtuch, das er über die Matte legt – damit seine Kufen keinen Kratzer abbekommen. Es gibt keinen anderen, der einen roten Teppich vor sich hat.“ (Erzählt von Patrick Hager)

PROTOKOLLE: C. MELTZER

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