Mehr Bierofka, mehr Siegermentalität

von Redaktion

Seit der Trainer wieder die ganze Woche für die Löwen da ist, wirkt das Team deutlich stabiler

VON ULI KELLNER

München – Manni Schwabl ließ den Abend im Kreise der Derbysieger ausklingen – im VIP-Stadl der Löwen, wo er mit Robert Reisinger zusammensaß, seinem Kollegen vom TSV 1860. „Man muss auch in der Niederlage Flagge zeigen – das habe ich immer so gehalten“, sagte Hachings Präsident, der die 0:1-Pleite durchaus realistisch analysierte: „Für mich war es ein reines Unentschieden-Spiel – zumindest bis zur 85. Minute. Danach haben wir aufgemacht und hätten auch noch 0:3 verlieren können.“

In der Tat hatten sich den Löwen in der Nachspielzeit erstklassige Konterchancen geboten, die Mölders, Karger und Co. fast schon fahrlässig ausließen. Noch vor Kurzem hätte manch einer geunkt: Wenn sich das mal nicht rächt . . . Jedoch: Nichts rächte sich diesmal. Haching blieb auch beim allerletzten Angriff der Partie in der aufmerksamen 1860-Deckung hängen. Wie schon bei anderen aussichtsreichen Chancen während der 90 Minuten, die geeignet gewesen wären, dem packenden Derby eine andere Richtung zu geben.

Schwabl hatte recht: Es wäre am Dienstag auch ein anderes Ergebnis möglich gewesen. Dann würden im Saisonrückblick der Löwen etliche Szenen fehlen, die schon jetzt ihren Platz sicher haben: Bierofka auf dem Zaun, nachdem er zuvor über eine Werbebande gestolpert war. Neben ihm der bekennende Lautsprecher Mölders, der mal wieder alles in die Nacht rief, was ihm in den Sinn kam. Da war viel Trash dabei; hinterher, nach seiner Zaunnummer, aber auch die eine oder andere Aussage mit Tiefgang. Zum Beispiel, als er über den lautstark gefeierten Bierofka sagte: „Wir sind froh, dass er jetzt wieder die ganze Woche bei uns ist.“

Läuft es deshalb so gut bei 1860, weil der Trainer sich nicht mehr zweiteilen muss? Weil er nicht mehr sonntags in den Zug steigt, um dann die halbe Woche in Hennef die Schulbank zu drücken? Teilweise ist es ja so gewesen: Bierofka kehrte mittwochs spät in der Nacht zurück, konnte maximal noch das Abschlusstraining leiten – und musste die Seinen dann mit einem Minimum an Einfluss in die umkämpften Spiele der 3. Liga schicken.

Der Trainer hatte schon vor dem Derby das Gefühl geäußert, jetzt wieder näher an seiner Mannschaft dran zu sein. Es sei gewiss ein Vorteil gewesen, „dass ich im Winter zweieinhalb Wochen hatte, um mit den Spielern zu arbeiten“, sagte er: „Ich weiß nicht, wie viele Trainingseinheiten ich davor und danach verpasst habe – ich schätze mal, es waren weit über 100. Deswegen bin ich heilfroh, dass ich meine Ausbildung (zum Fußballlehrer) endlich hinter mir habe.“ Auch Nico Karger, der Siegtorschütze, merkte an, dass es Bierofkas Verdienst sei, dass die Mannschaft von Woche zu Woche reifer und stabiler auftritt.

„Ich denke, die Mannschaft hat sich jetzt an den Fußball in der 3. Liga gewöhnt“, sagt Bierofka: „Sie weiß jetzt, was man tun muss, um Spiele zu gewinnen. Das ist ein großer Entwicklungsschritt.“ Einer, der sich auch an den Resultaten ablesen lässt: Zum zweiten Mal in Folge wurde ein Team aus der erweiterten Spitzengruppe niedergerungen (zuvor Wehen), beide Male stand hinten die Null. „Wir machen es jetzt besser als in der Vorrunde“, stellte Karger zufrieden fest.

Und wie geht es dem Derbyverlierer? Die Niederlage sei schmerzhaft gewesen, gab Schwabl zu. „Doch sie wirft uns nicht um“, betonte er: „Ich hab auch unsere Siegesserie im alten Jahr nicht so hoch gehängt wie manch anderer. Schuster, bleib bei deinem Leisten, sag ich immer. Klar wäre ein Derbysieg ein Traum gesehen, aber Fußball ist nun mal kein Wunschkonzert. Ich habe von unseren jungen Spielern viele Sachen gesehen, die für die Zukunft noch hilfreich sein werden.“

Dass ihn die 1860-Fans gefeiert haben, erfüllt den früheren Teamkapitän der Bundesligalöwen mit Stolz. „Das freut mich sehr“, sagte er: „Es ist eine schöne Bestätigung, dass die Leute einen nicht vergessen haben.“ Schwabl, der Rotblaue mit dem tiefblauem Herzen. Ein Ex-Löwe mit Zaunpotenzial.

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