Matchball mit Stolpergefahr

von Redaktion

In Berlin kann der EHC München heute ins DEL-Halbfinale einziehen – doch es gibt Zweifel

VON CHRISTOPHER MELTZER

München – Als der große Schock schon verflogen war, hat ihn Konrad Abeltshauser noch einmal zurückgeholt. Auf seinem Instagram-Kanal hat er ein Foto veröffentlicht, das ihn, den 1,95 Meter großen Verteidiger, auf dem Eis der Olympia-Eishalle zeigt. Den Körper gekrümmt, den Kopf eingezogen, die Hände am Knie. Am vergangenen Sonntag war diese Szene zu sehen – und man hat damals schon aus der Ferne erkannt, was der EHC München zwei Tage später bestätigte: dass Abeltshauser, 26, sich schwer am Knie verletzt hat und seinem Eishockeyverein für den Rest der Playoffs fehlen wird. Auf Instagram hat Abeltshauser dem Foto eine kurze Botschaft hinzugefügt. „Ich bin zu Boden gegangen“, schrieb er, „aber ich stehe wieder auf.“ Die Frage ist nur: Schafft das sein Verein jetzt auch?

Im Viertelfinale der DEL (Modus: Best of 7) führt der EHC München, der Meister, nur noch 3:2 gegen die Eisbären Berlin. Und plötzlich muss er einen Stammverteidiger ersetzen, der als nur einer von drei Spielern im EHC-Kader alle 70 Pflichtspiele in dieser Saison mitgemacht hat. In der Pole-Position starten die Münchner aber noch immer. Gewinnen sie heute Abend (19.30 Uhr) in Berlin, rücken sie ins Halbfinale vor. Sollten sie aber verlieren, müssen sie noch einmal in die Olympia-Eishalle zurückkehren – zum entscheidenden siebten Duell.

Das vergangene Spiel in München hat allerdings Zweifel aufgeworfen – und die haben nicht nur mit Abeltshausers Verletzung zu tun. In der eigenen Halle hat der EHC 0:3 verloren, Trainer Don Jackson musste zugeben: „Die Eisbären waren einfach ein bisschen schneller als wir, sowohl mit als auch ohne Puck.“ Es ist schon bemerkenswert, dass sich Jacksons Mannschaft zum zweiten Mal in dieser Serie hat derart überrumpeln lassen, das zweite Spiel der Serie hatte München sogar 0:4 verloren. Auf die Tricks der Eisbären müsste der EHC nämlich vorbereitet sein. „Wenn man so oft gegeneinander spielt“, sagte Stürmer Mads Christensen, „dann gibt es eigentlich keine Geheimnisse mehr.“

Es mag in dieser Serie keine Geheimnisse geben, aber genug offensichtliche Schwächen. „Wir arbeiten im Training an den Kleinigkeiten, die in den letzten Begegnungen noch nicht so gut liefen“, sagte Christensen. Es ist nicht schwer zu erraten, dass er damit das eigene Powerplay meint. In 29 Überzahlsituationen im Viertelfinale hat der EHC nur zwei Tore herausgespielt. Die statistische Erfolgsbilanz: 6,90 Prozent, katastrophal. Und ganz nebenbei muss sich das Münchner Trainerteam überlegen, wie es seine Defensive ohne Konrad Abeltshauser aufstellt. Wird Ryan Button, der siebte Verteidiger, einfach an die Seite von Yannic Seidenberg rücken? Weder Button (1,83 Meter) noch Seidenberg (1,72 Meter) können in der Abwehr Abeltshausers großen Körper ersetzen.

Vor dem sechsten Spiel in Berlin hat John Mitchell, der kanadische EHC-Stürmer, gesagt: „Der letzte Sieg ist in einer Playoff-Serie immer am schwersten zu holen.“ Es scheint, als haben sich die Voraussetzungen für sein Team noch einmal verkompliziert.

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