München – Bisher hat der Basketballer Stefan Jovic nur wenige Interviews gegeben. Als sich der serbische Aufbauspieler 2017 dem FC Bayern anschloss, sprach er kaum Englisch. München ist seine erste Station im Ausland. Zuvor stand Jovic, der heute Abend (18.15 Uhr) mit den Bayern bei Darussafaka Istanbul einen Sieg in der Euroleague braucht, um noch eine Chance auf die Playoffs zu haben, nur für Roter Stern Belgrad auf dem Parkett.
Inzwischen hat sich der 28-Jährige an sein Leben in Deutschland gewöhnt, München ist zu seiner zweiten Heimat geworden. Und im Gespräch mit dem serbischen Nationalspieler wird schnell klar: Jovic hat so einiges zu sagen. Auch, wenn er hin und wieder nach Wörtern suchen muss, ist es ihm wichtig, sich genau und gewählt auszudrücken. Es fällt sogar das ein oder andere deutsche Wort. Dabei verrät der Basketballprofi, bekannt für seine vielen und spektakulären Vorlagen, lachend: „Ich lerne am besten durchs Zuhören. Ich passe genau auf, was die anderen Jungs so sagen. Dann wiederhole ich es.“ Ein Sprachkurs sei für ihn daher nicht infrage gekommen. „Die Zeit fehlt und wenn ich still vor einem Buch sitzen und Vokabeln lernen muss, wird das bei mir ohnehin nichts. Das fiel mir schon früher in der Schule schwer.“
Da kommt es ihm nicht gelegen, dass die Mutter seiner Frau Liliana Englischlehrerin ist. „Meine Schwiegermutter war gerade für einen Monat bei uns in Deutschland“, sagt er und fügt lachend hinzu: „Immer, wenn sie ihre Lehrbücher ausgepackt hat und mit mir loslegen wollte, habe ich zugesehen, dass ich die nächste Tür finde.“
Lieber schaut der Aufbauspieler Serien auf Englisch und unterhält sich mit seinen Teamkollegen. Obwohl einige vom Balkan stammende Spieler im Team sind, gebe es keine Grüppchenbildung, so Jovic. „Wenn ich mich beispielsweise mal mit Nihad (Djedovic) auf Serbisch unterhalte und Petteri (Koponen) bekommt das mit, sagt er immer, wir sollen mit unserem Mafia-Getue aufhören. Er ist echt ein Spaßvogel.“ Das gilt natürlich für Chefcoach Dejan Radonjic. „Bei Spielen und im Training wird ausschließlich Englisch gesprochen“, so Jovic. „Und mein Zimmerkollege ist Braydon Hobbs.“ Ein US-Amerikaner.
Das Team steht für den Guard sowieso immer an erster Stelle. Obwohl der 1,98- Meter-Mann zuletzt immer wieder aufgrund von Verletzungen ausfiel, mache er sich keine Gedanken um seine Rolle im Team: „Es schmerzt natürlich, wenn ich meine Teamkollegen nicht unterstützen kann. Aber es geht einzig und allein darum, dass wir als Mannschaft erfolgreich sind. Und man hat es ja gesehen: Wir sind so tief besetzt, dass auch Ausfälle wie der von Devin Booker kompensiert werden konnten. Man muss in solchen Dingen auch immer das Positive sehen: Andere Spieler haben so die Möglichkeit bekommen, sich zu beweisen und Verantwortung zu übernehmen.“
Die Ziele des Aufbauspielers sind hoch. „In der vergangenen Saison den Titel zu holen, war das Größte für mich. Jetzt wollen wir ihn in jedem Fall verteidigen“, sagt Jovic. „Und dann wollen wir natürlich versuchen, uns doch noch für die Playoffs in der Euroleague zu qualifizieren, auch wenn die Chancen nicht mehr sehr groß sind.“
Seine Familie ist bei der Verwirklichung seiner Träume so oft es geht an seiner Seite. Ehefrau Liliana und Söhnchen Vuk (drei Jahre) sind Jovics größte Fans. Auf seinem Arm hat der Aufbauspieler den Fußabdruck seines Sohnes nach der Geburt als Tattoo verewigt. Außerdem prangt der Schriftzug „Hakuna Matata“ aus dem Disney-Film „Der König der Löwen“ darüber. „Das Motto ist ebenfalls für Vuk. Er soll jeden Tag genießen können“, so Jovic. Und auch zu seinen Eltern und Geschwistern hat der serbische Nationalspieler eine sehr enge Bindung. Er vermisse sie hier in Deutschland sehr. „Ich hätte gern häufiger die Möglichkeit, sie daheim zu besuchen“, sagt Jovic. „Meine Eltern können aus gesundheitlichen Gründen nicht herkommen.“ Dafür genießt er die Zeit, die er zu Hause hat. Dann wird nämlich immer sein Lieblingsessen Muckalica, ein Gulasch-ähnliches Schmorgericht, gekocht. „Mein Vater ist bei uns zu Hause der Koch“, sagt Jovic. „Er ist wirklich gut.“
Der Gewinner einer olympischen Silbermedaille freut sich jedenfalls schon jetzt auf seine Sommerpause in der serbischen Heimat. Bevor es aber so weit ist, sollen erst einmal Titel her.