Für uns war Pal Dardai der Fußball-Schwejk. Der sympathisch halunkenhafte Gesichtsausdruck. Die einfachen Wahrheiten, die er zu formulieren pflegte. Die List, die er mit jeder Faser verkörperte. Schade, dass der echte Schwejk, der brave Soldat Schwejk aus dem Roman von Jaroslav Hasek, ein Tscheche ist. Und Dardai Ungar.
Pal Dardai hat als Fußballtrainer angenehm überrascht, das kann man zum bevorstehenden Ende seiner Amtszeit bei der Hertha in Berlin sagen. Viereinhalb Jahre amtierte er in einem schwierigen Umfeld und brachte, obwohl als Spieler keiner, der Glanz versprüht hatte, so etwas wie Spielkultur ins Olympiastadion. Sicher, die Rückrunden lösten nie ein, was die Hinrunden verhießen hatten, doch Dardai schien dabei nicht zu verschleißen, denn es folgte ja verlässlich immer ein neues Hoch. Die letzten fünf Spiele von Hertha BSC waren Murks, das ist dann ein Anlass, zum Saisonende Schluss zu machen – doch der Verein erlebt keine Katastrophe, sondern einfach nur ein Jahr, das nicht so gut wurde, wie es hätte sein können. Dardai übergibt ein Feld, das eher bestellt als vertrocknet ist.
Es ist nicht einfach, wenn sich ein Verein von einem Cheftrainer trennt, der zuvor schon Spieler war und als Coach im Nachwuchs diente. In der Regel hat sich ein Arbeitsverhältnis entwickelt, das hinausgeht über eine Verbindung, die ein Vertragspapier regelt. Wenn man als Trainer fliegt, ist das für eine solche Beziehung eigentlich final.
Umso schöner, wenn die Beteiligten dann einen Modus finden, einander keine Wunden zu reißen. Die spezielle Berliner Regelung lautet: Pal Dardai ist mit Beginn der Saison 2019/20 nicht mehr Trainer der Hertha-Bundesliga-Profis. Er bleibt aber im Club, wird wieder derjenige, der im Nachwuchs die Richtung vorgibt. Ab Sommer 2020, nach einem Jahr Pause. So ist es kein Scheitern, keine Degradierung, wenn Dardai sich ins vielzitierte zweite Glied begibt. Pal Dardai beweist jedenfalls eine außergewöhnliche Loyalität, er ist der brave Soldat Pal.
Wenn es denn bei dieser Übereinkunft auch bleibt. Denn so überhitzt der Trainermarkt in der Bundesliga ist, kann man sich gut vorstellen, dass es für einen wie den Ungarn immer was zu tun gibt. Für diesen listigen Typen, der sein Team von der Abstiegszone immer verlässlich ferngehalten hat.
Guenter.Klein@ovb.net