„Jede Mannschaft hätte Grubi gerne dazubekommen“

von Redaktion

Deutscher Torwart aus der NHL steigt heute gegen Frankreich in die Eishockey-WM ein – und alle freuen sich

VON GÜNTER KLEIN

Bratislava/München – An Mathias Niederberger ist nichts auszusetzen. Der Düsseldorfer Torhüter, einer etablierten Eishockeyfamilie entstammend – Vater Andi war einer der besten deutschen Verteidiger aller Zeiten, Bruder Leon spielt bei der DEG (und hat nebenzu Erfolg als Popsänger) – spielt bislang eine gute WM. Etwas überraschend hat Bundestrainer Toni Söderholm ihm beide Spiele binnen 24 Stunden anvertraut, und sowohl gegen England (3:1) als auch Dänemark (2:1) hielt der 26-Jährige fehlerfrei. 53 von 55 Schüssen wehrte er ab, das entspricht einer Fangquote von 96,36 Prozent. Gegentorschnitt 1,00. Top-Werte. Trotzdem: Niederberger muss seinen Platz räumen.

Weil seit Sonntag Philipp Grubauer da ist, fast auf den Tag nur ein Jahr älter als Niederberger und dennoch ein Spieler mit einem ganz anderen Erfahrungsschatz. Schon als 16-Jähriger ging der gebürtige Rosenheimer nach Nordamerika – und nach vierjähriger Tour durch Junioren- und Farmteamligen kam er zu seinen ersten Einsätzen in der NHL. In den vergangenen beiden Spielzeiten veränderte sich Grubauers Status noch einmal nachhaltig: Bei den Washington Capitals (2017/18) kam er zu beinahe so vielen Spielen wie Braden Holtby, der vielleicht beste Keeper der Welt, nach dem Wechsel zu Colorado Avalanche (2018/19) setzte Grubauer sich gegen den Russen Semjon Warlamow durch und bestritt die Playoffs. Im Viertelfinale gegen San Jose endeten sie für das Team aus Denver im siebten Spiel, doch die Kritiken für den deutschen Torhüter waren blendend. Für Söderholm ist er „Weltklasse wie Leon Draisaitl“. Nur eben auf einer anderen Position. Die fürs Team aber als wichtigste gilt.

„Die Hälfte der Mannschaft kenne ich noch gar nicht“, sagte Grubauer, als Sportdirektor Stefan Schaidnagel ihn am Flughafen von Kosice abholte. Grubauer schwarzeneggerte ein wenig, kein Wunder, doch sein Oberbayerisch wird in der Kabine die Oberhand gewinnen, dafür wird Landsmann Patrick Hager (Stürmer) schon sorgen.

Grubauer ist umgänglich, unkompliziert. Anders als der Allgäuer Thomas Greiss (New York Islanders), der auch zur Wahl gestanden hatte, aber von sich aus wegen einer Verletzung absagte. Greiss ist großer Donald-Trump-Fan, politisch eher rechts zu finden und in der werteorientierten Eishockey-Fanszene schwer zu vermitteln. Der charmante Grubauer, der im vergangenen Sommer den Stanley Cup (gewonnen als Ersatztorhüter mit Washington) nach Rosenheim brachte und bereitwillig für jeden Selfie-Wunsch bereitstand, hat einen anderen Stellenwert.

Sein sportliches Vermögen ist eh unbestritten. „Jede Mannschaft im Turnier hätte Grubi gerne dazubekommen“, meint Nationalmannschaftskapitän Moritz Müller. Mathias Niederberger tritt gegen Frankreich (heute, 20.15 Uhr/Sport1) bereitwillig in die Reservistenrolle, die er sich mit Niklas Treutle (Nürnberg) teilen wird, zurück: „Grubi hat eine unglaubliche Qualität. Er wird uns bereichern.“ Niederberger selbst hatte sich drei Jahre in Übersee versucht – ohne den großen Erfolg.

Nicht lizenziert für die WM wird der dritte und nunmehr vierte Tormann Dustin Strahlmeier. Der Schwenninger blieb aber, bis mit Grubauer alles klar war.

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