München – Niko Kovac lächelt. Nicht, weil er die Frage besonders lustig findet oder die Chancen von Borussia Dortmund auf den Meistertitel zum Totlachen wären. Es ist vielmehr jenes bestätigende Grinsen, jenes Nicken, das man unbewusst aufsetzt, wenn einem etwas nahegeht. Als der Trainer des FC Bayern so lächelt, geht es nicht um den Druck, den er vor den zwei Endspielen der Saison spürt. Es geht auch nicht um seine Vorgesetzten, die sich partout nicht zu ihm bekennen wollen. Es geht um ihn selbst. Um sein Gemüt. Und das, gibt Kovac zu, hat innerhalb des vergangenen Jahres einigen Schaden genommen.
„Es war sehr aufschlussreich und lehrreich“, sagt der 47-Jährige über dieses erste Jahr in München. Es geht um seine persönliche Bewertung – und die fällt eindeutig aus. Kovac: „Ich habe vieles mitbekommen und gemerkt, wie schwierig es ist, Mensch zu bleiben. Das Entscheidende, wenn wir miteinander reden, ist, dass wir immer eine gewisse Ebene haben müssen, die nie unterschritten werden darf.“
Ob seine Worte auf Medien, Fans oder gar die Bosse abzielen, lässt Kovac im Dunkeln. Im Gegensatz zu Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidzic, die ihrem Trainer zuletzt nur bedingt reinen Wein einschenken wollten, spricht der Kroate Klartext. Ob er Bayern-Trainer bleiben will? Ja! Ob er glaubt, dass er Bayern-Trainer bleiben wird? Ja! Was passiert, wenn er nicht Bayern-Trainer bleibt? Rein gar nichts! „Ich bin total unabhängig“, stellt Kovac klar. „Ich mache den Job gerne, aber wenn ich irgendwann einmal nicht da bin, werde ich mein Leben genauso leben, wie ich es davor auch getan habe. Ich habe nicht den Druck, dass ich Millionen verdienen muss. Ich mache das aus Freude, das Geld ist nicht mein primäres Ziel. Ich kann und will es mit guter Leistung und Titeln beeinflussen. Doch wenn irgendwann einmal alles anders ist, dann ist es so.“ Worte, bei denen auch die Herrschaften in der Chefetage aufhorchen dürften.
Die erste Saison an der Isar hat Narben bei Kovac hinterlassen. „Mir geht’s gut“, sagte er. Gleichzeitig ist es ihm wichtig, darauf hinzuweisen, dass es mit der Gesundheit ganz schnell vorbei sein kann. „Wenn ich Ihnen eine kleben würde, hätten Sie kurzzeitig Schmerzen und es würde vorübergehen. Aber wissen Sie, was das Schlimme ist? Die Seele! Die tut viel mehr weh. Und das geht nicht weg“, sagte Kovac und erinnerte an den Fall Robert Enke, der sich vor zehn Jahren aufgrund schwerer Depressionen das Leben nahm: „Es gab mal einen Fall, da haben wir alle gesagt: Oh, das darf nicht mehr passieren! Es hat keine zwei Wochen gedauert, da war wieder alles gleich. Das vergessen wir zu schnell.“ Kovacs Appell: „Wir müssen den Menschen sehen, nicht einfach nur drüberfahren und draufhauen.“
So verabschiedete sich Kovac in für ihn wegweisende Wochen. Es war seine ganz eigene Antwort auf all das, was die gesamte Saison über auf ihn eingeprasselt ist. Doch auch wenn Kovac dem ganzen Fußballzirkus in 20 denkwürdigen Minuten sämtlichen Wind aus den Segeln nahm, so gab er gleichzeitig zu, dass er ohne ihn nicht kann. „Ich habe mir in meinem Leben alles erkämpfen müssen. Ich gebe nie, nie auf“, sagte Kovac – und lächelte. Diesmal war es aber ein stolzes, ja sogar selbstsicheres Lächeln.