Man muss schon sehr hartgesotten sein, um Niko Kovac nicht zu mögen. Ein feiner Kerl mit guten Manieren ist er, stets auf einen angenehmen Ton bedacht, nachdenklich, im Gespräch ebenso offen wie sein freundliches Gesicht. Und nicht von ungefähr hat der 47-Jährige vor drei Jahren einen Fairplay-Preis bekommen. Mit Frankfurt schlug er damals den 1. FC Nürnberg in der Relegation, Kovac nahm danach die geknickten Spieler des Gegners in den Arm. Für ihn keine große Sache, vielmehr eine Selbstverständlichkeit. Wie gesagt: So ist er nun einmal, ein wirklich guter Typ. Allerdings beschleicht einen seit Längerem bisweilen das Gefühl, dass es auch Kovac mal ganz guttun würde, in den Arm genommen zu werden. Denn die Kritik, die der Trainer des Bundesliga-Tabellenführers in seiner ersten Münchner Saison abbekommen hat, glich zeitweise einem Spießrutenlauf. So etwas ist nur schwer auszuhalten.
Gestern kam der Coach des FC Bayern ausführlich zu sprechen auf die Dinge, die ihm ganz offensichtlich Schmerzen bereitet haben, die wohl noch immer tief in seiner Seele sitzen. Er hat das ohne die geringste Larmoyanz getan, ohne Wehleidigkeit. Es war ihm aber ein Anliegen, einmal die Welt des Fußballs, zu der natürlich auch die Medien gehören, kritisch zu hinterfragen. Sein Fazit hörte sich, obwohl er es mit ruhiger, gefasster Stimme vortrug, bitter und auch erschreckend an. Es lautete: „Es ist schwierig, Mensch zu bleiben.“
Derlei Worte, in denen es um Moral und Anstand geht, sind nicht sonderlich beliebt im Profi-Fußball. Also in einem Metier, in dem es mit harten Bandagen zur Sache geht, und in dem für viele nur eines zählt: der Erfolg. Doch der gebürtige Berliner hat vollkommen recht, wenn er nun eine moralische Schmerzgrenze zieht im Umgang miteinander, wenn er indirekt einen Schutz für die Seele fordert.
Allerdings sollte nicht ganz vergessen werden, dass Kovac aus freien Stücken zu einem Verein gegangen ist, der wie kaum ein anderer weltweit dafür steht, nur nach den höchsten Superlativen zu streben, das Menschenmögliche auf die Spitze zu treiben. Der Maßstab des FC Bayern, der somit auch an die Bilanz des Trainers angelegt wird, ist ein unerbittlicher. Es ist das Grundprinzip dieses Clubs, das auch von Fans und Sponsoren akzeptiert, ja gefordert wird. Man muss das sicher nicht gutheißen. Aber Kovac hätte darauf gefasst sein müssen.
Armin.Gibis@ovb.net