Den Bock umgestoßen

von Redaktion

Nach schwieriger Saison holen die Bayern das Double – Jobgarantie für Kovac

VON ELISABETH SCHLAMMERL

Berlin – Als die Party richtig losgehen sollte, war das Beste schon vorbei. Der Empfang des Hauptsponsors in der Nähe des Berliner Gendarmenmarktes gehört für den FC Bayern zu einer Finalnacht im DFB-Pokal wie die Glitzerkonfettis, aber die ganz großen Emotionen fehlen dort in der Regel. Am Samstag, nach dem ersten Triumph seit 2016, war dies nicht anders. Die Münchner hatten sich ja auch zuvor schon verausgabt. Es gab nach dem Schlusspfiff eine kleine Polonaise, der Sohn von Franck Ribery durfte den Pokal mindestens so oft in die Höhe recken wie alle Spieler. Thomas Müller heizte per Megafon die Stimmung nach dem 3:0 gegen RB Leipzig an, und im Mannschaftsbus wurde anschließend ein bisschen getanzt und laut gesungen,. Müller sprach anschließend von einem „überragendem Gefühl“.

Trainer Niko Kovc gelang in seinem ersten Jahr beim Rekordmeister auf Anhieb das Double, und das dies auch sein Erfolg ist, wussten die Fans besser als die Verantwortlichen. Wie eine Woche zuvor in der Meisterschaft zeigten sie das, was dem Trainer im eigenen Verein öffentlich zuletzt verwehrt worden war: Rückhalt. Sie feierten Kovac mit Sprechchören und baten ihn, auf den Zaun zu steigen. Darauf verzichtete Kovac, aber er griff zum Megafon und bedankte sich für die Unterstützung „von ganzem Herzen“, wie er sagte.

Er hatte den ersten Trubel etwas abseits genossen, begab sich erst spät in den Kreis der Mannschaft vor der Fankurve. Die Spieler ließen sich mit ihm im Tor fotografieren, „das war sein Wunsch“, sagte Mats Hummels, aber niemand machte den Versuch, Kovac hochzuwerfen, wie sie es bei Pep Guardiola und Jupp Heynckes getan hatten. Ein Jahr zuvor beim Triumph mit Frankfurt hatten seine Spieler die Pressekonferenz gestürmt, um ihren Trainer ordentlich nass zu machen. Dieses Mal blieb die Alkohol-Dusche aus. Man müsse beachten, Frankfurt habe „30 Jahre keinen Erfolg gefeiert, das bedeutet, dass man vielleicht emotionaler an die Sache herangeht“, sagte Kovac.

Die Spieler und er haben sich zusammengerauft nach dem schwierigen Herbst. „Wir haben mit der ganzen Mannschaft und dem ganzen Verein den Bock umgestoßen“, sagte Manuel Neuer. „Rausgeboxt“ nannte es Mats Hummels, der wissen ließ, es freue alle „ungemein, dass er (Kovac, d. Red.), dass wir zusammen das erreichen konnten“. Es klang freundlich, respektvoll – aber eben auch ein bisschen distanziert.

Noch immer hält sich die Vermutung, dass nicht alle beim FC Bayern restlos davon überzeugt sind, dass Kovac der Trainer ist, der den höchsten Ansprüchen des Rekordmeisters auf Dauer genügt. Auf der Pokalparty saßen die Granden auf der einen Seite des Bankettsaals, die Spieler auf der anderen – so hatte es der Organisator vorgesehen. Nicht geplant dagegen war vermutlich, dass Kovac weder hier noch dort saß, sondern mit seinem Bruder und Bekannten in der Mitte des Raumes – mit Abstand zur Mannschaft und zum Vorstand.

Die Partie gegen RB Leipzig dürfte bei aller Freude die Skeptiker bestärkt haben. Die Bayern haben den Gegner nicht aufgrund eines klugen Spielplans in die Knie gezwungen, sondern weil sie individuell mehr Klasse besitzen. Vor allem das hohe Pressing der Sachsen bereitete den Münchnern große Mühe.

Der Super-Kopfball von Robert Lewandowski zum 1:0 (29.) brachte die Wende, Kingsley Coman demonstrierte beim 2:0 (78.) hohe Fußballkunst; das 3:0 (85.) war die Entscheidung. Da sei klar gewesen, sagte der Pole, „dass es vorbei ist“. Der Kampf um den Pokal und eine schwierige Saison.

Tags darauf bei der Doublefeier auf dem Münchner Rathausbalkon sagte Uli Hoeneß auf die Frage, ob Kovac Trainer bleibe: „Hundertprozentig ja!“ Hoeneß unterstrich im TV-Interview die Jobgarantie zudem mit den Worten: „Eine Mannschaft kann nicht so gut Fußball spielen, wenn es mit dem Trainer nicht stimmt. Das sind alles Märchen.“. Und: „Es ist ja wohl gar keine Frage, dass unser Trainer nächste Saison Niko Kovac heißt.“

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