VfB gegen HSV . . . Was nach gutem alten Bundesliga-Samstag in den 90er-Jahren klingt, könnte künftig ein Freitagsspiel sein – in der 2. Liga. Staunen dagegen werden Fußballfreunde, die eher unregelmäßig in die Samstagabend-Sportschau reinzappen. SC Paderborn gegen Union Berlin? Müsste das nicht vor der zweiten Werbeunterbrechung kommen, nach Drittligablock und Tor des Monats? Ja, so war das bisher. Doch zumindest für ein Jahr ist SCP gegen Union eine Erstligapartie.
Schauen wir also mal genau hin, wer sich da am Montag den letzten Bundesliga-Startplatz gesichert hat, wer dem VfB Stuttgart mit zwei Relegations-Remis seinen Platz an der Sonne streitig machen konnte. Union, in Berlin auch Eisern Union genannt (siehe Nina Hagens Vereinshymne), steht noch für Fußballwerte, die selten geworden sind im Hochglanz-Profibusiness. Das Stadion: von den Fans miterbaut, herrlich am Waldrand gelegen (daher „Alte Försterei“). Im Dezember kommen bis zu 30 000 (!) Fans zum Weihnachtssingen – und wenn WM ist, darf man zum Rudelgucken auch sein eigenes Sofa mitbringen.
Überhaupt die Fans: Vor dem Spiel stehen die traditionell linksgesinnten Ultras bei Pils und Krakauer zusammen, ehe sie sich auf Retro-Stehtribünen warmsingen –- und dann 90 Minuten mitfiebern, wenn ihre No-Name-Truppe den Gegnern den Zahn zieht. Mit eisernem Kampfgeist, defensiver Disziplin und Beharrlichkeit.
Der Aufstieg der Eisernen: überfällig, denn kein Zweitligist hat sich kontinuierlicher Richtung Spitzengruppe emporgearbeitet. Seit 2011 hielt sich Union jede Saison im einstelligen Verfolgerfeld. Der fehlende Mosaikstein war die Verpflichtung des Schweizers Urs Fischer, der den Eisernen das Verlieren abgewöhnt hat. Von allen 56 deutschen Proficlubs haben die Köpenicker die zweitwenigsten Punktspiele verloren (fünf; Bayern und BVB: jeweils vier). Angeleitet von ihrem Trainer-Stoiker werden die Unioner auch in der Bundesliga für manche Überraschung sorgen. Mini-Etat hin oder her: In Berlin ziehen seit jeder alle an einem Strang, Fans und Fußballer. Wer schon mal da war, wird es nicht vergessen.
Eine märchenhafte Geschichte hat aber auch der SC Paderborn zu bieten, der zweite Direktaufsteiger hinter dem 1. FC Köln. Nach einer Achterbahnfahrt durch vier Ligen sind die Ostwestfalen wieder dort angelangt, wo sie 2014 schon mal waren, sich aber nicht lange halten konnten. Ihr Konzept für die Neuauflage: Highspeedfußball, vorgetragen von Profis, die anderswo unterschätzt wurden; angeleitet vom Ex-Stürmer Steffen Baumgart.
Wenn schon die Meisterschaft eintönig geworden ist – das Teilnehmerfeld des Oberhauses sorgt zumindest alle paar Jahre für Abwechslung. Man kann ein Duell Paderborn vs. Union erstligunwürdig finden. Oder belebend.
uli.kellner@ovb.net