Der Schlüssel zur Unbesiegbarkeit

von Redaktion

Kevin Durant hat Golden State zum dominanten NBA-Team gemacht – im ersten Finale fehlt er

VON ANDREAS MAYR

Toronto – Das letzte Mal, als die Golden State Warriors eine Playoff-Serie in der NBA verloren haben, saß ihr Anführer in der Kabine und schrie um Hilfe. Draymond Green tat das in Form einer Nachricht. „Wir brauchen dich“, schrieb er an Kevin Durant, den begehrtesten Basketballer des Sommers 2016. Das war eine Stunde nach der Niederlage gegen Cleveland, als beim Rest des Teams noch die Tränen flossen. Durant erhörte die Klage und kam. Seitdem hat das Team aus dem Großraum San Francisco zwei Meisterschaften in der NBA gewonnen. In der Nacht auf Freitag startet der Titelverteidiger in seine fünfte Final-Serie in Folge gegen Toronto. Das hat seit den 1960ern kein Club geschafft.

Durant verwandelte die ohnehin schon hochbegabte Mannschaft in ein unschlagbares Biest. Blöderweise gefällt das den Fans nicht mehr. Früher schätzten sie Golden State für seine innovative Art, Basketball zu spielen. Die Warriors rannten, die Warriors warfen, manchmal auch aus unmöglichen Distanzen in der Nähe der Mittellinie. Und wie sie trafen. Amerika liebte diese Version, weil sie an die legendären Showtime-Lakers erinnerte. Quasi die aktualisierte Variante. Doch diese Liebe ist erkaltet, weil die Liga zu berechenbar geworden ist. Durants Wechsel, sagen sie in den USA, habe für Langeweile gesorgt und das System gekippt, das für Ausgeglichenheit sorgen soll.

Deshalb sehnen sich die Fans dem Sommer entgegen. Am 1. Juli beginnt die große Wechselphase. Vertragsfreie Spieler suchen sich neue Vereine. Seit Monaten häufen sich Gerüchte über Durants Abschied. Der Wechsel zu den New York Knicks soll längst beschlossen sein. Offiziell sagen darf das niemand. Die Liga verbietet das. Natürlich versuchen die Warriors alles, um ihren Superstar und Top-Scorer noch umzustimmen. Einen Blick zurück in die Zukunft wagte Golden State im Halbfinale. Gegen Portland gewann der Meister 4:0, obwohl Durant verletzt – fehlte. Den Auftakt in Toronto verpasst der Scharfschütze ebenfalls.

Mit Durant dürften die Finalspiele eine klare Angelegenheit werden. Doch keiner weiß, ob und wann der US-Amerikaner aufs Feld zurückkehrt. Ohne den Small-Forward steigen Chancen Torontos ein bisschen. Als erstes kanadisches Team haben die Raptors das NBA-Endspiel erreicht. Eine ganze Stadt, in der eigentlich Eishockey die Nummer eins ist, schaut nun Basketball. Nach dem entscheidenden Erfolg über Milwaukee stürmten die Kanadier die Straßen. 50 000 Anhänger, sagt die Polizei, feierten den Finaleinzug. Wahrscheinlich waren es mehr.

Ähnlich wie die Warriors fürchten die Kanadier den Juli. Wie Durant umwabert jede Menge Klatsch ihren Superstar Kawhi Leonard. Die Clippers aus Los Angeles haben seit Saisonbeginn für jede Partie der Raptors einen Mitarbeiter abgestellt, der das Interesse am Elite-Verteidiger bekunden soll. Zum Hintergrund: Leonard stammt aus Kalifornien. Vor der Saison hatte ihn Toronto per Tausch aus San Antonio verpflichtet. Seitdem werben die Raptors mit allen Mitteln um eine Vertragsverlängerung des Alles-Könners. Das Management hat ihm einen Meisterschafts-tauglichen Kader zusammengestellt, der seine Stärken in der Defensive hat. Ein Restaurant in der Stadt bietet ihm lebenslänglich freies Essen. Multi-Millionär Simon Mass will ihm gar ein Penthouse schenken. Mit einem epischen Wurf, der viermal auf dem Ring hüpfte, bevor er durchs Netz fiel, hat Leonard das Viertelfinale gegen Philadelphia gewonnen. Seitdem vergöttert Toronto den zurückhaltenden Basketballer. Ein Fan hat sich sogar ein Tattoo des Wurfs stechen lassen. Nicht auszudenken, was passiert, wenn die Raptors den Titel holen.

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