Klopp und die schwarze Serie

Final-Fluch als Aufputschmittel

von Redaktion

ELISABETH SCHLAMMERL

Die Bilder des vergangenen Jahres hat niemand in Liverpool vergessen, die Bilder des enttäuschten Trainers Jürgen Klopp und des noch viel traurigeren Torwarts Loris Karius, dem gegen Real Madrid zwei schwere Fehler „für die Ewigkeit“, wie der „Independent“ schrieb, unterlaufen waren und der damit dem FC Liverpool die Chance auf den Gewinn der Champions League geraubt hatte. Die Niederlage festigte die Legende von Klopps Finalfluch. Wer als Trainer nur eines seiner sieben Endspiele gewann, und das war auch noch das erste, 2012 gegen den FC Bayern im Duell um den DFB-Pokal, muss damit leben, so lange als ewiger Zweiter bezeichnet zu werden, bis er endlich wieder einmal Erster ist.

Klopp kann ganz gut damit leben. Er kommt vielleicht besser mit der Rolle des Final-Verlierers zurecht als andere. Die Niederlagen machten Klopp nicht zu einem gebrochenen Mann. Im Gegenteil, er zieht daraus Motivation, für sich, für seine Mannschaft. Seine Leidenschaft ist mitreißend, seine Emotionen sind ansteckend. Für ihn ist ein verpasster Endspiel-Sieg „manchmal wie eine Medizin“. Ein Aufputschmittel, das seine Spieler noch stärker macht.

Anders als 2013 und 2018 geht Klopp zum ersten Mal als Trainer der favorisierten Mannschaft ins Champions League-Finale. Der FC Liverpool bezwang Tottenham in dieser Saison schon zweimal. Insgesamt 26 Punkte mehr holten die Reds in der Premier League als die Londoner. Die Erwartung ist dieses Mal größer, viel größer als gegen den FC Bayern oder gegen Real Madrid, und Klopp weiß selbst, dass es an der Zeit ist, einmal den Henkelpott nicht mehr nur aus der Distanz anzuschauen, sondern ihn überreicht zu bekommen und mit nach Hause nehmen zu dürfen. Auf Dauer reicht es nicht, der beste Motivator zu sein. Klopp muss auch ein Trainer für die wichtigen Titel werden.

„Wenn „der liebe Gott“ jemanden suche, der nach sechs verloren Endspielen es noch ein siebtes Mal versuchen wolle, hatte Liverpools Teammanager vor Kurzem verkündet, „dann bin ich die perfekte Person dafür“. Klopp ist einer, der nie aufgibt. Und der es verdient hätte, endlich einmal Erster zu sein.

Elisabeth.Schlammerl@ovb.net

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